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DOI: 10.1055/s-2003-814814
Familienbeziehungen von Patientinnen mit Anorexie, Bulimie und einer nicht essgestörten Vergleichsgruppe
Publication History
Publication Date:
12 March 2004 (online)
Vorbemerkungen
Essstörungen spielen für die Entwicklung der Familientherapie und systemischen Therapie eine bedeutende Rolle. Die drei wichtigsten Strömungen dieser Therapierichtung entwickelten sich in der Auseinandersetzung mit der Anorexia nervosa und dem Familiensystem, in dem die hiervon betroffenen Patientinnen leben. Mara Selvini Palazzoli widmete ihr Lebenswerk als Klinikerin und Forscherin neben der Schizophrenie vor allem diesem Krankheitsbild. Insbesondere hieran entwickelte sie mit ihrer Arbeitsgruppe die paradoxen Verschreibungen, das zirkuläre Fragen und andere Interventionen. Sie kam in ihrem abschließenden Werk (Selvini Palazzoli u. Mitarb. 1999) zu einer äußerst differenzierten Einschätzung der hier wesentlichen Beziehungskonstellationen und wirksamen therapeutischen Vorgehensweisen.
Das von Salvador Minuchin (Minuchin u. Mitarb. 1983) mit seiner Arbeitsgruppe entwickelte Modell der „psychosomatischen Familie” und die Interventionstechniken der strukturellen Familientherapie wurden ebenfalls wesentlich an den Familien anorektischer Patientinnen entwickelt und erprobt. Die Beschreibung dieser Familien als verstrickt, überbehütend, rigide, Konflikte vermeidend und die Kinder in Konflikte zwischen den Eltern einbeziehend prägt das klinische Bild dieser Familien bis heute.
Auch die in Deutschland maßgeblich von Eckard Sperling und seiner Arbeitsgruppe entwickelte psychoanalytisch orientierte Mehrgenerationen-Familientherapie (Massing u. Mitarb. 1999) ging von der Behandlung und Untersuchung Magersüchtiger aus und wies auf die extrem engen Bindungen über drei Generationen in diesen Familien und ein entsprechend tradiertes auf Verzicht orientiertes Ideal hin.
Diese Beobachtungen und Modelle zogen eine Fülle weiterer klinischer Beschreibungen, Konzeptualisierungen und empirischen Überprüfungen nach sich.
Literatur
- 1 Cierpka M, Frevert G. Die Familienbögen. Göttingen; Hogrefe 1995
-
2 Cierpka M, Reich G, Kraul A.
Psychosomatic illness and the family. In: L'Abate L (ed) Handbook of family psychopathology. New York, London; Guilford Publications 1998: 311-332 - 3 Massing A, Reich G, Sperling E. Die Mehrgenerationen-Familientherapie. 4. Aufl. Göttingen; Vandenhoeck & Ruprecht 1999
- 4 Mattegat F, Scholz M. Das subjektive Familienbild (SFB). Göttingen; Hogrefe 1994
- 5 Minuchin S, Rosman B, Baker L. Psychosomatische Krankheiten in der Familie. Stuttgart; Klett-Cotta 1983
- 6 Reich G. Identitätskonflikte bulimischer Patientinnen. Klinische Beobachtungen zur inter- und intrapersonellen Dynamik. Forum Psychoanal. 1992; 8 121-133
- 7 Reich G. Familienbeziehungen von Patientinnen mit Bulimia nervosa. Eine Vergleichsstudie zu Patientinnen mit Anorexia nervosa und einer nicht-essgestörten Kontrollgruppe. Heidelberg, Kröning; Asanger Verlag 2003a
- 8 Reich G. Familientherapie der Essstörungen. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle; Hogrefe 2003b
- 9 Selvini Palazzoli M, Cirrillo S, Selvini M, Sorrentino A M. Anorexie und Bulimie. Neue familientherapeutische Perspektiven. Stuttgart; Klett-Cotta 1999
Korrespondenzadresse
Priv.-Doz. Dr. phil. Günter Reich,Dipl.-Psych.
Ambulanz für Familientherapie u. für Ess-Störungen
Klinik u. Poliklinik f. Psychosomatik u. Psychotherapie
Humboldtallee 38
37073 Göttingen