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DOI: 10.1055/s-2004-812760
Zur aktuellen Verbreitung und Epidemiologie von BSE und Prionerkrankungen
Comments on Present-Day Spread and Epidemiology of BSE and Prion DiseasesPublication History
Publication Date:
21 September 2005 (online)
Zusammenfassung
Das wesentliche Merkmal von Prionerkrankungen bei Mensch und Tier besteht in ihrer Übertragbarkeit. Keine andere neurodegenerative Krankheit ist infektiös und damit übertragbar im Sinne einer Infektionskrankheit. Die infektiöse Einheit von Prionerkrankungen wird als Prion bezeichnet und die Bezeichnung „Transmissible Spongiforme Enzephalopathien” weist auf die Übertragbarkeit hin. Prionen unterscheiden sich von bekannten Erregern wie Viren, Bakterien oder Parasiten dadurch, dass sie ohne Nukleinsäure als Erbinformation vermehrungsfähig zu sein scheinen. Die Kontagiosität von Prionen ist ausgesprochen niedrig und nicht mit der der Maul- und Klauenseuche (MKS) vergleichbar. Die Übertragungswege von Prionen sind komplex und die Mechanismen trotz intensiver Forschung nicht ausreichend aufgeklärt. Eine Übertragung von Prionen und die Entwicklung einer Prionerkrankung bleiben meist wegen der jahrelangen Inkubationszeiten unbemerkt. Ist die Erkrankung klinisch auffällig, durchläuft sie eine kurze und tödlich endende Phase. In der langen Inkubationszeit baut sich zuerst eine inapparente, d. h. ohne Symptome verlaufende Infektion auf, in der vermutlich infektiöse Prionen im Organismus persistieren. Diese Art von Infektionsverlauf erschwert oder verhindert eine frühzeitige Diagnose, die infizierte Tiere in einer Herde aufspüren würde und unnötige Keulungen verhindern könnte. Die Infektion mit Prionen ist nicht nur abhängig von Dosis und Expositionshäufigkeit, sie wird auch bestimmt durch die Pathogenität von Prionen unterschiedlicher Herkunft. Die Empfänglichkeit des Wirtes und die Ausprägung der Erkrankung unterliegen nach neueren Erkenntnissen einer genetischen Kontrolle. Neu entwickelte Nachweismethoden werden daran gemessen werden, ob sie ermöglichen, das pathologische Prionprotein in geringsten Mengen, d. h. im Bereich von 10-12 g (1/1000 eines milliardstel Gramms) zu finden. Vielleicht können Ersatzmarker identifiziert werden, die als Sonden in der Diagnose eingesetzt werden können. Die vorliegende Arbeit referiert den derzeitigen Kenntnisstand zum Problem der symptomlosen Infektion und der Schwierigkeit, selbst mit sehr guten Nachweismethoden Verbreitung und Epidemiologie von Prionerkrankungen aufzuklären. Im Frühjahr 2003 findet man BSE über Europa verstreut. Einzelne Länder wie Spanien berichten über eine ansteigende kleine Anzahl neuer Fälle, während in anderen Ländern die Fallzahlen rückläufig erscheinen. Eine weltweite Verbreitung von BSE kann aufgrund einiger Fälle in Asien nicht mehr ausgeschlossen werden. Die Ursache des ersten kanadischen BSE-Falls ist Gegenstand intensiver Diskussionen. Derzeit scheint auch die Inzidenz der klassischen CJD des Menschen anzusteigen, eine plausible Erklärung kann noch nicht gegeben werden.
Abstract
Prion diseases of animals and man are neurological diseases with amyloidal deposition of the respective proteins. As to prion disease, the cellular prion protein is in its abnormal isoform(s) an essential component of prion protein aggregates found in affected tissue. In contrast to all neurodegenerative diseases like Morbus Alzheimer or Huntington’s disease, prion diseases are transmissible. Therefore, prion diseases were designated Transmissible Spongiform Encephalopathies (TSE). The diseases have been well known for decades. Scrapie was first described around 1750, a BSE case was reported in the 1850s most likely a misdiagnosis, and in 1920/1930 the human Creutzfeldt-Jakob disease (CJD) had been described. Transmission of CJD i. e. Kuru had been suspected in the early 1950 s and was erroneously classified as slow virus disease. The CJD transmission posed a problem to humans when transplants from CJD cases were used for treatment. Fortunately, these iatrogenic transmissons remained limited. But with the advent of BSE and appearance of variant CJD cases in the UK and some places in Europe scientists suspected that transmissiom from cattle to man could have happened. From animal models we know of successful transmission via several routes. Species barriers do not completely prevent transmission. Rather, transmission barriers might exist controlling individual susceptibilty against prions. Modes of transmission, susceptibility to transmission, identification of receptor molecules as well as molecular mechanisms of the transmission process are being investigated with great intensity. Current knowledge leads us to assume that inapparent stages of prion infection wrongly suggest a (non-existent) species barrier. This inapparent infection precedes overt disease, and, hence, most research focusses on the development of highly sensitive assay systems for detection of minute amounts of pathological prion protein in suspected cases. Inapparence also should warn us to underestimate BSE or human vCJD cases; at present, approx. 145 cases occurred in Europe and one probable case in Hongkong (June 2003). Whether BSE had spread to other parts of the world by animal nutrition components or meat can neither be excluded nor confirmed at this time. New data on transmission and consequences of BSE for the human population are summarised in this review.
Schlüsselwörter
Prionerkrankungen - Prionprotein - Schnelltest - Marker - symptomlose Infektion - Empfänglichkeit - Genetik
Key words
Prion disease - prion protein - TSE-test - marker - inapparent infection - susceptibility - genetics
Glossar
Prion | Wortschöpfung aus „proteinaceous infectious” = proin, was dann als Prion eingeführt wurde; Prionen bestehen aus PrPres und weiteren Komponenten wie Zucker und Lipide. |
PrP | Prionprotein; ein in der Zelle vorkommendes Protein, dessen Funktion nicht eindeutig aufgeklärt ist. |
PrPc | Das „c” steht für zellulär. |
PrPsc | Das „sc” steht für Scrapie; derzeit wird PrPsc von einigen Wissenschaftlern als Ausdruck für die infektiöse Einheit, dem Prion, benutzt und nicht für pathologisches PrP. |
PrPsen(s) | Die Abkürzung „sen” (sensitiv) bezieht sich auf die experimentelle Lyse des zellulären PrP = PrPc mit einem proteolytischen Enzym. |
PrPres | Die Abkürzung „res” (resistent) bezieht sich auf die Widerstandsfähigkeit pathologischer PrP Moleküle gegenüber der experimentellen Lyse.PrPres ist nicht gleichzusetzen mit PrPsc. |
CJD | Creutzfeldt-Jakob Krankheit; internationale Abkürzung: CJD. |
sCJD | sporadische CJD |
vCJD | Manchmal auch nvCJD; (neue) Variante CJD als Folge einer BSE-Übertragung. |
Prof. Dr. Walter Bodemer
Deutsches Primatenzentrum Göttingen, Abt. Infektionspathologie (Prof. Dr. F.-J. Kaup)
Kellnerweg 4
37077 Göttingen
Email: bodemer@dpz.gwdg.de