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DOI: 10.1055/s-2004-813405
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Physikalische Schmerztherapie
Physiotherapy of PainPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
20. August 2004 (online)


Zusammenfassung
Physikalische Schmerztherapie beinhaltet zum einen, mittels dosierter physikalischer Reize (mechanische, thermische, elektrische) eine akute definierbare Nozizeption zu eliminieren, zum anderen chronische und chronifizierte Schmerzzustände mittels „ganzheitlich” wirkender reflextherapeutischer Verfahren zu beeinflussen und letztlich mit „Be-Handlungen” - Zuwendungen - den kranken Menschen in seiner leibseelischen Gesamtheit zu erfassen. Neurophysiologische Grundlagen belegen, dass Schmerz als eine Sinnesempfindung mit emotional-affektiver Komponente ganzheitlich verstanden werden muss. Somit sind bei chronischen und chronifizierten Schmerzzuständen nur Therapieansätze effizient, die den Schmerz in seiner mehrdimensionalen Natur erfassen. Die Physiotherapie kann mit den elementaren physikalischen Reizen sowie ihren Handlungen schmerzlindernde Maßnahmen häufig signifikant unterstützen. Darüber hinaus kann sie wichtige Elemente der Schmerzentstehung (inadäquater Einsatz der Muskulatur) so beeinflussen, dass pathologische, motorische Reaktionsmuster gelöscht und diese dem Patienten bewusst gemacht werden. Wirkungsphysiologische Hypothesen für die analgetische Wirksamkeit physikalischer Reize schließen sowohl die Auslösung nervaler Mechanismen (afferente Hemmung: segmental - Aktivierung inhibitorischer Interneurone, supraspinal - tonisch deszendierende Hemmung und diffuse noxische inhibitorische Kontrolle „DNIC”) als auch eine Beeinflussbarkeit humoraler Faktoren und letztlich eine Auslösung psychologischer Prozesse ein. Die physikalische Schmerztherapie hat für die Osteologie eine essenzielle Wertigkeit. Im interdisziplinären Zusammenwirken muss der Schmerz per se als negativ-trophischer Knochenfaktor eliminiert werden. Voraussetzung für eine suffiziente physikalische Schmerztherapie ist eine adäquate Differenzialdiagnostik des „Osteoporoseschmerzes”. Um einer differenzialinidikativen physikalischen Schmerztherapie entsprechen zu können, müssen die affektierten Strukturen (Muskel, Sehne, Nerv, Diskus) lokalisiert, Funktionsstörungen erkannt und psychosomatische Affektionen aufgedeckt werden. Es hat sich als praktikabel erwiesen, den Osteoporoseschmerz des Bewegungssystems nach folgenden Kriterien zu klassifizieren: reversible Funktionsstörungen, irreversible bzw. reversible Strukturaffektion und projizierter Schmerz im Rahmen reflektierter Beziehungen (enterolumbale Irritatation, peripher-viszeral-zentrale Irritation). Letztlich muss der Rückenschmerz auch als ein projizierter Schmerz bei so genannten bio-psycho-sozialen Beeinträchtigungen erkannt werden. Im Folgenden werden Empfehlungen zur differenzierten physikalischen Schmerztherapie gemacht. Dabei sind die physiotherapeutischen Interventionen differenzialindikativ dem Symptom „akuter Schmerz, chronischer Schmerz, chronifizierter Schmerz” zugeordnet. Eine suffiziente Schmerztherapie schafft die Voraussetzung für aktivierende, lebensmotivierende Interventionen im multimodalen Therapiekonzept mit dem Ziel, die funktionale Gesundheit zu erhalten.
Abstract
Physical pain-therapy concentrates on the elimination of acute nociception by using controlled physical stimulations (mechanical, thermal, electrical). Chronic pain can be influenced with reflexive therapeutic strategies that treat the patient as a whole. Neuropsychological basics consider pain to be a sensory stimulus with emotional-affective component. Consequently, multidimensional thinking and acting are of major significance to treat chronic pain adequately. Physical therapy to reduce pain must differentiate the different types of pain. Nociceptive pain needs mainly physical stimuli that influence the chemical composition of body fluids, and neuropathic pains require stimuli that will achieve neuralgic mechanism (gate control theory, counter irritation, afferent inhibition “DNIC”). In contrast, mainly psychosomatic pain requires measures that treat the body as a whole (e. g., body perception strategies). The elimination or reduction of pain has absolute priority when dealing with disturbances of bone metabolism. The principle of an efficient physical pain therapy rests on determining the affected structures (e. g., muscle, tendon, nerve, and disc) as well as the functional disturbances and psychosomatic sensations. It is useful to classify the pain of patients with osteoporosis: pain caused by functional disturbances of the musculoskeletal system, pain caused by affected structures, and referred pain caused by entero-lumbar irritation or by peripheral or visceral central irritation. Recommendations for a differentiated physical pain-therapy are subsequently provided. The most important aim concerning pain reduction in patients with osteoporosis is the maintenance of functional health with an adequate quality of life. Interdisciplinary teamwork is essential for a beneficial physical pain-therapy.
Schlüsselwörter
Schmerz - physikalische Schmerztherapie - Osteoporose
Key words
Pain - physiotherapy of pain - osteoporosis