Z Gastroenterol 2004; 42(8): 659-662
DOI: 10.1055/s-2004-813431
Editorial

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein Zuruf vom Präsidenten

Presidential AddressW. E. Fleig1
  • 1Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Martin-Luther-Universität Halle
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. August 2004 (online)

Es ist von Ärzten, namentlich Funktionären der ärztlichen Selbstverwaltung, aber auch von Präsidenten wissenschaftlicher Fachgesellschaften so viel Kluges und auch weniger Inspiriertes über die stürmischen Zeiten und die unberechenbare Gesundheitspolitik gesprochen und geschrieben worden, dass es mir müßig erscheint, in dieses vielchörige Lamento einzufallen: Eine neue Stimme dazu gibt es ohnehin nicht mehr. Es wäre höchstens darauf hinzuweisen, dass es neben der Politik auch Patienten, Ärzte und hochverwaltete Krankenkassen waren und noch sind, die dieses wenig sturmfeste, planwirtschaftliche Gesundheitssystem durch Ansprüche und Hypochondrie und durch eine seltsame Mischung aus Maximalversorgungsdenken, Halbwissen, (notwendigem) Gewinnstreben und ausufernder Bürokratie in den Ruin treiben. Nur durch diese groteske Gemengelage ist es möglich, dass einerseits zur Abklärung einer Transaminasenerhöhung zugewiesene Patienten anstandslos vergütete CTs und MRTs mitbringen und andererseits Krankenkassen die Übernahme der Kosten von in Studien als wirksam erwiesenen, aber nebenwirkungsarmen und damit nicht rezeptpflichtigen Medikamenten ablehnen können. Zu meinen, dieses System könnte u. a. durch Abschreckung vor dem Arztberuf durch einen weiteren Zuwachs an nichtärztlicher Tätigkeit und schlechte Bezahlung nachhaltig saniert werden, ist zynisch und dumm.

In dieser Situation erscheint es vielversprechender zu überlegen, wie wir unsere Situation zum Nutzen unserer Patienten stärken können. Dazu stehen im Jahr 2004 mehrere Punkte auf der Agenda der DGVS und ihres Präsidenten: 1. Verbesserung der Qualität der Fortbildung und Erarbeitung einer adäquaten Leitlinienkultur im Sinne der evidenzbasierten Medizin; 2. Stärkung der individuellen Fachkompetenz in Spezialbereichen; 3. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der patientenbezogenen Forschung; 4. Integration von Gastroenterologie und Viszeralchirurgie; 5. Neuordnung und Transparenz der Interaktion mit pharmazeutischer Industrie und Geräteherstellern; 6. Stärkung der Einheit der Gastroenterologie und der Position der Gastroenterologen durch eine einheitliche Interessenvertretung und, damit verbunden, die Integration von Gruppeninteressen und die Unterbindung unkontrollierter, autonomer Versuche ihrer einseitigen Durchsetzung.

Prof. Dr. med. Wolfgang E. Fleig

Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Martin-Luther-Universität Halle

Ernst-Grube-Str. 40

06120 Halle

eMail: wolfgang.fleig@medizin.uni-halle.de