Gesundheitswesen 2004; 66(8/09): 499-504
DOI: 10.1055/s-2004-813451
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pilotstudie zur Rezeptierung von Benzodiazepinen in der Schweiz: Beeinflusst die kognitive Verfügbarkeit von Gesetzesvorschriften das ärztliche Verschreibungsverhalten?

Pilot Study on Prescription of Benzodiazepines in Switzerland: Does Cognitive Availability of Legal Rules Affect Medical Presciption?U. Frick1 , S. Lerch1 , J. Rehm1 , C. Crotti2
  • 1Institut für Suchtforschung, Zürich, Schweiz
  • 2Zürcher Fachstelle zur Prävention des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs
Diese Arbeit wurde finanziell unterstützt von der Züricher Fachstelle zur Prävention des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs.
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Publication Date:
16 September 2004 (online)

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Zusammenfassung

In fünf Zürcher Apotheken wurden alle während 6 Wochen eingehenden 481 Rezepte von Benzodiazepinen auf ihre formale Korrektheit hinsichtlich der Auflagen gemäß dem restriktiven Schweizer Betäubungsmittelgesetz untersucht. Nach drei Wochen wurden zufällig zwei der fünf Apotheken ausgewählt und an die 17 Benzodiazepine verordnenden Ärzte im Einzugsbereich dieser Apotheken ein Informationsfax verschickt, das augenfällig auf die gesetzlichen Bestimmungen hinwies. Rund 28 % aller Rezepte verstießen gegen die gesetzlichen Regelungen. Für ältere Patienten war die Gesetzeskonformität der Rezeptierung schlechter als für junge Patienten. Geschlechtsunterschiede waren nicht feststellbar. Der gewählte Präventionsansatz, nämlich Information der verordnenden Ärzte über die gesetzlichen Regelungen, erzielte keine nachweisliche Verbesserung im Rezeptierungsverhalten. Unterschiede nach Fachgebiet des verordnenden Arztes waren nicht feststellbar. Präventionskonzepte beim Benzodiazepin-Abusus sollten künftig einerseits auf Verhaltensprävention direkt mit den Konsumenten erweitert werden und andererseits sollte geprüft werden, bestehende restriktive Gesetzesbestimmungen tatsächlich mit Sanktionsdruck zu bewehren.

Abstract

All 481 prescriptions of benzodiazepines from five Zurich pharmacies during a 6 week period were evaluated with respect to their compliance with the Swiss Law on Narcotics, which was formulated to prevent benzodiazepine dependence. Three weeks into the study, all 17 physicians with prescriptions of benzodiazepines practising in the catchment areas of two of the five pharmacies randomly selected were faxed an information sheet explaining formal juridical requirements for benzodiazepine prescription stipulated by the law. 28 % of all prescriptions were not compliant with the law. The older a patient, the greater his/her risk of receiving a non-compliant prescription. Neither sex of patients nor professional specialization of the prescribing doctor did impact prescription compliance. The preventive intervention, i. e. information on legal requirements, also had no significant impact on the compliance of prescriptions with the law. As other studies with soft interventions and educational measures directed to the prescribing physician also failed to reduce inappropriate prescription of benzodiazepines, it is concluded that sanctions against incompliant prescription behaviour should be considered as a preventive alternative.

Literatur

1 Keine getrennte Ausweisung der Zahlen in der zitierten Quelle. Die WHO hat Zolpidem ebenso wie Benzodiazepine auf die Liste der international zu kontrollierenden Substanzen gesetzt [1].

2 Bundesgesetz über Betäubungsmittel, Änderung vom 24.5.1995, Art. 1, Abs. 3 c

3 Artikel 44 der Betäubungsmittelverordnung (BtmV) vom 29.5.1996

4 vgl. Art. 11 BtmG

Dr. Ulrich Frick

Institut für Suchtforschung

Konradstrasse 32

8031 Zürich, Schweiz

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