Z Gastroenterol 2004; 42(9): 1021-1025
DOI: 10.1055/s-2004-813513
Leitlinien

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Karzinomprophylaxe

Cancer PreventionW. Schmiegel1 , C. Pox1 , A. Kroesen2
  • 1Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Universitätklinik, Knappschaftskrankenhaus, Bochum
  • 2Chirurgische Klinik I, Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. September 2004 (online)

Zoom Image

Risikokonstellation

Kolorektales Karzinom Aussage Das kolorektale Karzinomrisiko ist bei der Colitis ulcerosa im Vergleich zur Normalbevölkerung signifikant erhöht (A). Es steigt mit der Ausdehnung und der Dauer der Erkrankung an und wird durch das Vorhandensein einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) zusätzlich erhöht (A). Erläuterung Im Gegensatz zu Studien mit einer hohen Kolektomierate kommt die überwiegende Mehrzahl der Untersuchungen zu der Aussage, dass bei Colitis-ulcerosa-Patienten das kolorektale Karzinomrisiko im Vergleich zur Normalpopulation erhöht ist 1 2. Die exakte Quantifizierung des kolorektalen Karzinomrisikos bei Colitis-ulcerosa-Patienten wird durch die Heterogenität der Studiendesigns, die Variabilität der Kolektomieraten und dem Wandel in der Therapie erschwert. Nach einer Metaanalyse 3, die sich auf 116 Studien stützt, beträgt die Prävalenz des kolorektalen Karzinoms bei Colitis-ulcerosa-Patienten 3,7 %. In dieser zusammenfassenden Studie lagen die kolorektalen Karzinominzidenzraten bei 2,1 % nach einer Erkrankungsdauer von 10 Jahren, bei 8,5 % nach einer Erkrankungsdauer von 20 Jahren und bei 17,8 % bei einer Erkrankungsdauer von 30 Jahren 4. Neben der Dauer der Erkrankung stellt die Ausdehnung der Colitis ulcerosa einen eindeutigen Risikofaktor für die Entstehung eines kolorektalen Karzinoms dar. In der Studie von Ekbom 5 war das Risiko für Patienten mit einer Proktitis um den Faktor 1,7, für Patienten mit einer linksseitigen Colitis um den Faktor 2,8 und für Patienten mit einer ausgedehnten Colitis um den Faktor 14,8 erhöht. Diese Risikoerhöhung in Abhängigkeit von der Ausdehnung der Erkrankung entspricht den Mitteilungen anderer Autoren 2. Das kolorektale Karzinomrisiko wird durch das Vorhandensein einer primär sklerosierenden Cholangitis zusätzlich erhöht 4. Eine Risikoerhöhung wird dabei nicht nur für das kolorektale Karzinom, sondern auch für die intraepitheliale Neoplasie (IEN; früher Dysplasie) 6 7 und die DNA-Aneuploidie beobachtet 8 9. Durch das Vorhandensein einer PSC wird das kumulative IEN- und Karzinomrisiko nach 30 Jahren um einen Faktor 5 gegenüber Patienten mit einer alleinigen Colitis ulcerosa erhöht 7. In dem operierten Heidelberger Patientengut zeigt sich ein erhöhtes Karzinomrisiko bei dem Vorhandensein einer „Back-wash-Ileitis” 10. Das Geschlecht stellt keinen eigenständigen Risikofaktor für ein kolorektales Karzinom dar 5 11. Ob ein Folsäuremangel einen begünstigenden Effekt auf die Karzinomentstehung hat, ist umstritten. Das Alter bei Erkrankungsbeginn scheint einen Einfluss auf das Entartungsrisiko zu besitzen. Auch die Bedeutung der Entzündungsaktivität auf ein Entartungsrisiko wird diskutiert 1 2 5 12 13.

Extraintestinale Karzinome Aussage Mit Ausnahme des Cholangiokarzinoms treten extraintestinale Karzinome nicht gehäuft bei Colitis-ulcerosa-Patienten auf (B). Erläuterung Die Mehrzahl der Studien 7 14 15 16 kommt zu dem Schluss, dass bei Patienten mit Colitis ulcerosa das Risiko für Cholangiokarzinome erhöht ist. Diese liegen häufiger extrahepatisch als intrahepatisch 17 18.