Klin Monbl Augenheilkd 2004; 221(12): 1062
DOI: 10.1055/s-2004-813577
Offene Korrespondenz

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Über die medikamentöse Prävention und die präventive Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) durch die günstige Beeinflussung der Gefäßendotheldysfunktion (ED)

T. Fischer
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Publication Date:
15 December 2004 (online)

Die AMD ist die Hauptursache der dauerhaften Blindheit des Alters: In der bejahrten Altersklasse betreffen die Abnahme und der Verlust des Lesevermögens aus diesem Grunde in aller Welt etwa 180 Millionen, in Ungarn beinahe 200 000 Leute. Ihre Inzidenz vergrößert sich nach dem 50. Lebensjahr in jedem Jahrzehnt, sie erreicht 30 % für 75 Jahre.

Eine ähnliche Krankheit kann bei 25 % der Angehörigen der an einer AMD leidenden Kranken beobachtet werden. Die AMD tritt häufiger bei den kardiovaskulären Erkrankungen auf. Den erhöhten Blutdruck und das Rauchen hält man für einen Risikofaktor.

Die wahrhaftige Ursache der AMD ist unbekannt, die Pathogenese noch weniger, und ihre Heilung harrt noch der Lösung.

Immerhin kann aufgrund der eingehenden, gezielten Metaanalyse der in der einschlägigen Fachliteratur (MEDLINE, EMBASSE, Best Evidence, Evidence-Based Medicine, Cochrane Library) auffindbaren Angaben eindeutig entnommen werden, dass die Funktionsstörung des Gefäßendothels, das heißt die Endotheldysfunktion der krankhaft betroffenen Augenstrukturen und die Konsequenzen der ED in der Entfaltung der AMD eine Schwerpunktrolle spielen. Die fernere Gestaltung der ED hat eine grundlegende Auswirkung auf den weiteren Verlauf der Krankheit (Besserung, Stagnation, Verschlimmerung), weshalb die Behandlung der ED zur Therapie der „Grundkrankheit” dazugehört, wie es in den kardiovaskulären Erkrankungen schon lange wiederholt unzweideutig nachgewiesen wurde.

Die über große Gewebeaffinität verfügenden modernen ACE-Inhibitoren (ACE-I) (Quinapril, Benazepril, Ramipril) und/oder die Angiotensin-II-Rezeptoren-Blocker (ARB) (Losartan, Irbesartan, Cadesartan, Telmisartan) - unabhängig von der antihypertonischen Wirkung - sind zu der Beeinflussung der Gefäßendothelfunktion imstande: das eine Mittel (ACE-I) gewährleistet die Vorteile der erhöhten Bradykininkonzentration (die fortdauernde Bradykinineinwirkung befördert die NO-Ausströmung, diese vergrößert gleichzeitig die Quantität der gefäßerweiternden Prostaglandinkonzentration), während die andere Arznei (ARB) die auf den AT-Rezeptoren ausgeübten ungünstigen Angiotensin-II-Effekte hemmt. Die ARB-Mittel erschufen die Möglichkeit, um fast sämtliche konsekutiven schädlichen Folgen der ED in den Geweben zu verhindern oder die sich schon entwickelten pathologischen Veränderungen zu mäßigen. Die simultane Verabreichung der ACE-I- und der ARB-Medikamente ist aller Wahrscheinlichkeit nach das Zweckdienlichste: Die ACE-I- und die ARB-Präparate stellen das geschädigte Gleichgewicht zwischen den Vasokonstriktoren und Vasodilatoren, zwischen den Wachstumshormonen und seinen Hemmern (Verringerung der Neointimabildung [!]), zwischen den Proinflammatoren und Antiinflammatoren, sowie zwischen den prothrombotischen und fibrinolytischen Faktoren her, sie beugen den Werdegang der strukturellen Veränderungen der Gefäße vor oder die mäßigen jene, falls diese schon entstanden sind.

Die zu den Antilipiden gehörenden neueren Hydroxy-Methyl-Glutaril-Coenzym-A-(HMG-CoA)-Reduktase-Inhibitoren - die Statine (Simvastatin, Lovastatin, Atorvastatin) - unabhängig von dem reduzierenden Effekt auf die Gesamtcholesterin- und LDL-C- und Triglycerid-Konzentration - verstärken die durch NOS bedingte Vasodilatation, induzieren die Zunahme der NOS-Aktivität, behindern die Zellmigration und die -proliferation, ermäßigen die chronische subklinische Entzündung (Reduzierung der Serum-CRP-Konzentration). Kürzer zusammengefasst: Die Statine verbessern die Endothelfunktion, reduzieren oder kurieren die ED.

Aus den obig detaillierten Tatsachen ergibt sich die Arbeitshypothese: Man soll denjenigen Patienten/Patientinnen andauernd ACE-I- und ARB- und/oder Statin-Arzneipräparate - als Teil einer präventiven medikamentösen Tätigkeit - verabreichen, (1) bei denen noch keine Augenerkrankung festgestellt wurde, jedoch die Risikofaktoren der AMD vorliegen, (2) bei denen die exsudative Form der AMD eines Auges diagnostiziert wurde - um den Mitschaden des anderen Auges vorzubeugen -, und (3) bei denen die exsudative Variante der AMD auf beiden Augen besteht - in der geringeren Hoffnung des Besserwerdens.

Um die erörterte Arbeitshypothese nachweisen zu können, braucht man naturgemäß die Durchführung der randomisierten, prospektiven und multizentrischen klinischen Untersuchungen. Immerhin darf man, falls keine Gegenanzeigen vorliegen, mit der geschilderten, fast nebenwirkungsfreien, primär- und/oder sekundärpräventiven medikamentösen Behandlung einstweilen anfangen. Bei der Inangriffnahme der Medikation mit ACE-I- und ARB- und/oder Statinpräparaten denken wir daran, dass der beträchtliche Anteil (etwa 51 % über 50 Jahre) der AMD-Kranken ohnehin Hypertoniker sind oder an einer Hyperlipidämie leiden.

Dr. Tamás Fischer

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Ungarn