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DOI: 10.1055/s-2004-813676
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
„They’ll never come back ...” - Anspruch und Wirklichkeit der beruflichen Reintegration dienstunfähiger Lehrkräfte
Expectations and Reality of Occupational Reintegration of Teachers Unfit for Work Herrn Prof. Dr. med. Helmut Valentin zum 85. Geburtstag gewidmet.Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. Oktober 2004 (online)
Zusammenfassung
Ziel der Studie: Die Reaktivierung dienstunfähiger lebens- und berufserfahrener Lehrkräfte wird von Seiten der Politik nicht nur als eine geeignete Maßnahme gegen den drohenden Lehrermangel, sondern auch als eine erfolgversprechende Strategie zur Reduzierung von Versorgungsausgaben angesehen. Ziel unserer Studie war es, wissenschaftsgestützte neue Erkenntnisse zur beruflichen Reintegration frühpensionierter Pädagogen zu gewinnen und zu prüfen, inwieweit amtsärztliche Reaktivierungsuntersuchungen ein effektives Instrument der Tertiärprävention darstellen. Datengrundlage und Methodik: In einer prospektiven Totalerhebung (gesamter Freistaat Bayern) wurden im Zeitraum von 1997 bis 1999 alle amtsärztlichen Begutachtungen in den Gesundheitsämtern und Medizinischen Untersuchungsstellen der Bezirksregierungen (MUS) zur Frage der Reaktivierung dienstunfähiger Lehrkräfte evaluiert. Die Analyse umfasste u. a. soziodemografische/berufliche Merkmale, Morbiditätsspektrum, Rehamaßnahmen und Leistungsbeurteilung. Datengrundlage bildete ein standardisierter, anonymisierter Erhebungsbogen. Die Auswertung erfolgte mit Mitteln der deskriptiven Statistik. Ergebnisse: Von den erfassten 1465 Lehrkräften waren 64 % (n = 939) Frauen, 36 % (n = 526) Männer. Das mediane Lebensalter lag bei 53 Jahren (Range: 31 - 63 Jahre). 22 % der Frühpensionierten waren als Schwerbehinderte anerkannt. In 77 % der Fälle war die Überprüfung der Dienstunfähigkeit von Amts wegen veranlasst worden. 57 % (n = 835) der Lehrkräfte hatten wenigstens eine medizinische, 13 % (n = 190) berufliche Rehamaßnahmen absolviert. Innerhalb des Morbiditätsspektrums nahmen mit einem Anteil von 59 % psychische und psychosomatische Erkrankungen (F-ICD10) den ersten Rangplatz ein, wobei die Prävalenz bei Lehrerinnen signifikant höher war als bei Lehrern (p < 0,05). Unter den psychiatrischen Diagnosen dominierten depressive Störungen (Anteil: 35 %).Häufigste somatische Leiden waren Muskel-Skelett- (M-ICD10) mit 12 %, vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen (I-ICD10) mit 7 % und bösartigen Neubildungen (C-ICD10) mit 5 %. In 33 % der Fälle lag Multimorbidität vor. 93 % (n = 1,360) der Nachuntersuchten wurden als weiterhin dienstunfähig eingestuft. In lediglich 7 % (n = 105) wurde ärztlicherseits eine Reaktivierung befürwortet, dabei fanden sich unter psychisch Kranken und Gymnasiallehrkräften die niedrigsten Reaktivierungsquoten. Bei wieder einsatzfähigen LehrerInnen waren im Vergleich mit weiterhin dienstunfähigen Lehrkräften ein jüngeres Lebensalter und niedrigere Prävalenzraten für Schwerbehinderung, Multimorbidität und psychische Gesundheitsstörungen objektivierbar. Schlussfolgerungen: Frühpensionierte Lehrkräfte kehren nur in Ausnahmefällen in den Schuldienst zurück. Reaktivierungsuntersuchungen sind hinsichtlich Aufwand und Ertrag zu hinterfragen. Gleiches gilt bezüglich der Ergebnisqualität interventioneller und rehabilitativer Maßnahmen zur Wiederherstellung der seelischen und körperlichen Gesundheit. In diesem Zusammenhang erscheint ein problemorientiertes Disability Management überfällig.
Abstract
Aim of the Study: The reactivation of teachers with experience of both life and the profession who have become unfit for work is regarded by politicians not only as a suitable measure against the imminent lack of teaching staff, but also as a promising strategy for reducing the cost of health care. The aim of our study was to gather new evidence- based information on the occupational reintegration of teachers who took early retirement and to investigate to what extent official medical reactivation examinations are an effective instrument of tertiary prevention. Database and Methods: In a prospective total assessment (the entire state of Bavaria) over the period of 1997 - 1999 all official medical examinations in the public health centres (Gesundheitsämter und Medizinische Untersuchungsstellen der Bezirksregierungen) were evaluated with regard to the reactivation of teachers unfit for work. The analysis included e. g. socio-demographic/occupational factors, the morbidity spectrum, rehabilitation and the assessment of performance. The answers given in a standardised, anonymous questionnaire provided the database. Evaluation was carried out by means of descriptive statistics. Results: Of the 1465 teachers studied, 64 % (n = 939) were women and 36 % (n = 526) were men. The median age was 53 years (range: 31 - 63 years), and the proportion of over 60-year-olds was 5.5 %. 22 % of those who took early retirement were recognised as being severely disabled. In 77 % of cases, examination of unfitness for work was carried out at the order of the authorities. 57 % (n = 835) of the teachers had taken part in at least one medical rehabilitation measure, 13 % (n = 190) in at least one occupational rehabilitation measure. Within the morbidity spectrum, psychic and psychosomatic illnesses (F-ICD10) took first place with a share of 59 % the prevalence in female teachers of such illnesses was significantly higher than that in male teachers (p < 0.05). Among the psychiatric diagnoses, depressive illnesses dominated (share: 35 %). The most frequent somatic diseases were muscular/skeletal disorders (M-ICD10) in 12 % of cases, then cardiovascular disorders (I-ICD10) in 7 % and malignant tumours (C-ICD 10) in 5 % of cases. In 33 % of cases multi-morbidity was found. 93 % (n = 1,360) of the teachers investigated in follow-up examinations were again classified as unfit for work. In only 7 % (n = 105) reactivation was recommended by the physician; the lowest reactivation quotas were found among teachers with psychic illnesses and grammar school teachers. In who teachers that returned to work, compared to those still unfit for work, a lower age and lower prevalence of severe disability, multi-morbidity and psychic disturbances were objectified. Conclusions: Teachers who take early retirement return to the profession only in exceptional cases. The time and expense needed for reactivation examinations should be critically compared with the benefits. The same applies to the quality of the results of intervention and rehabilitation measures for restoring psychological and physical health. In this context problem-oriented disability management appears superfluous.
Schlüsselwörter
Lehrkräfte - seelische Gesundheit - Disability Management - Reaktivierung
Key words
Teachers - mental health - disability management - reactivation
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Privatdozent Dr. med. Andreas Weber
Facharzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin - Umweltmedizin
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