Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2004; 39(4): 240-247
DOI: 10.1055/s-2004-814532
Mini-Symposium
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Simulation als Strategie zur Risikominimierung in der Anästhesie?

M.  Rall1 , P.  Dieckmann1 2 , T.  Manser2 , J.  Zieger1 , K.  Unertl1
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung für Anaesthesiologie und Intensivmedizin (Ärztl. Direktor Prof. Dr. K. Unertl)
  • 2Institut für Arbeitspsychologie ifap, Prof. Dr. T. Wehner, ETH Zürich
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Publication Date:
08 June 2004 (online)

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Einleitung

Die Sicherheit des Patienten ist das höchste Ziel allen ärztlichen Handelns (nihil nocere). Speziell die Anästhesiologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, das mit jedem Anästhesieverfahren verbundene Risiko möglichst gering zu halten, auch aus dem Grund, weil die Narkosetätigkeit selbst keine therapeutische oder heilende Disziplin ist. Dies ist dem Fachgebiet bisher durch systematische Beschäftigung mit sicherheitsrelevanten Aspekten anästhesiologischer Tätigkeiten in herausragender Weise gelungen. So trägt ein Artikel im Sonderheft des BMJ die Überschrift „Anästhesie als ein Vorbild für die Patienten-Sicherheits-Bewegung” [1]. Diese Auszeichnung würdigt bisherige Leistungen, wie beispielsweise die Festlegung von minimalen Monitoringstandards [2] [3] oder die Entwicklung von innovativen realistischen Patientensimulatoren [4] [5], ist aber zugleich auch Auftrag für die Zukunft.

Die Patientensicherheit ist kein statischer Zustand, den es nur einmal zu erreichen gilt, sondern muss aktiv und immer wieder von neuem errungen werden. Insofern kann Sicherheit auch als ein dynamischer „Non-Event” bezeichnet werden [6]. Um die Patientensicherheit nachhaltig zu gewährleisten, bedarf es längerfristig angelegter Strategien. Dabei ist Simulation allein sicher keine ausreichende Strategie zur Risikominimierung in der Anästhesie. Der Einsatz von modernen Simulationssystemen kann aber sehr wohl ein wichtiger Teil innerhalb einer breiter angelegten Strategie zur Erhöhung der Patientensicherheit sein oder dazu anregen, solche Strategien einzuführen und umzusetzen, z. B. wenn mit dem Simulator organisationale Schwachstellen aufgedeckt wurden [7]. Simulatoren können also nicht nur die Ausbildung von Individuen erheblich verbessern [8], sondern einen weitaus größeren Einfluss im Bereich des Sicherheitsmanagements einer Organisation haben. Die Zusammenhänge sollen im Folgenden erläutert und mit der Vorstellung des Modells der „Patienten-Sicherheits-Waage” anschaulich zusammengefasst werden.