Radiologie up2date 2004; 4(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-2004-820581
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Eine junge Zeitschrift wird 3 Jahre alt

Wolfgang  Steinbrich
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. März 2004 (online)

Schon wieder ein neues Journal...?( Mit dieser provozierenden Frage eröffnete Prof. J. Freyschmidt, Bremen, sein Editorial zur ersten Ausgabe von Radiologie up2date im Jahr 2001, um gleich anschließend aus der Sicht der Akademie für Fort- und Weiterbildung der DRG die Notwendigkeit einer deutschsprachigen Fortbildungszeitschrift nachdrücklich zu bejahen. Drei Jahre später sei es dem neuen Schriftleiter von Radiologie up2date erlaubt, einige Überlegungen zu den Herausforderungen anzustellen, die die Gestaltung einer Fortbildungszeitschrift wie Radiologie up2date für die Herausgeber mit sich bringt.

In nur drei Jahren ist es gelungen, einen soliden Abonnenten-Stamm aufzubauen. Dies ist aus Sicht des Verlages ein deutlicher Erfolgsindikator. Auch Rückmeldungen aus der Leserschaft - die spontan leider viel zu selten eingehen - bescheinigen der Zeitschrift ein didaktisch und inhaltlich gelungenes Konzept, Beiträge auf hohem Niveau und einen guten Mix an behandelten Themen. So konnten zwischen 2001 und 2003 insgesamt 46 Beiträge in 13 Themenbereichen publiziert werden. Die Breite des Faches Radiologie und das große Spektrum an Themen, das an unseren Kliniken wissenschaftlich bearbeitet wird, erlaubte es den Herausgebern und dem Beirat der Zeitschrift, thematisch in allen Sparten aus dem Vollen zu schöpfen. Die Sorge der Herausgeber lag von Anfang an daher eher bei der Frage, ob es gelingen würde, kontinuierlich Autoren zu gewinnen, ihr kumuliertes Wissen in einer deutschsprachigen Fortbildungszeitschrift niederzulegen. Der Grund für diese Sorge liegt vor allem in den internen Steuerungsmechanismen der Universitäten, die zunehmend ihre Wissenschaftsgruppen nicht nur nach Impact-Punkten bewerten, sondern auch ihre Budgets danach steuern. Da es aber ganz überwiegend dieselben Kolleginnen und Kollegen sind, die einerseits ihr Wissen in wissenschaftlichen Studien vertiefen, andererseits ihr Wissen in Fortbildungspublikationen und Büchern niederlegen sollen, ergibt sich unweigerlich eine Konkurrenz zwischen den verschiedenen Publikationsbereichen.

Diese Konkurrenz ist Grund genug, über das Verhältnis von Wissenschafts- und Fortbildungspublikationen grundsätzlicher nachzudenken und daraus auch Forderungen an die universitären Bewertungsmechanismen abzuleiten. Radikaler könnte man die eingangs zitierte Frage nämlich auch so stellen: Können und wollen wir unser sich rasch wandelndes Wissen überhaupt noch in Büchern und Fortbildungsartikeln niederlegen? Was spricht angesichts der elektronischen Verfügbarkeit der Publikationen und geeigneter Suchmaschinen dagegen, heute stets die Originalliteratur zu lesen? Nun - die Gründe hierfür haben sich gegenüber der vorelektronischen Ära kaum verändert. Wissenschaftsthemen sollten grundsätzlich zunächst frei vom Druck der unmittelbaren praktischen Relevanz sein. Den Unterzeichnenden mutet es immer wieder befremdlich an, wenn in Gutachten zur Förderung von wissenschaftlichen Projekten als eine der ersten Fragen nach der jeweiligen Relevanz der Forschung gefragt wird. Es wäre schon noch einiger wissenschaftlicher Untersuchungen wert, zu prüfen, wie gut z. B. in nationalen Forschungsförderungsgremien die Gutachter in der Langzeitbeobachtung diese Relevanz einschätzen. Verständlich, dass die Gesellschaft und damit die Universitäten nicht gerne in wenig zukunftsträchtige Forschung investieren möchten; eine allzu Relevanz-orientierte Forschungsförderung ist aber sehr gefährlich hinsichtlich der Unterdrückung richtungsweisender Ideen. Von W. K. Röntgen einmal abgesehen, wissen ja grade die Pioniere der Radiologie (siehe Hounsfield) ein Lied von der Skepsis der Expertengemeinschaft zu singen. Unbestritten ist andererseits, dass Vieles, was geschrieben steht, niemals in die Routine späterer Anwendung übergeht und somit zurecht dem Vergessen anheim fällt. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Medizin, die selbst in Ihren theoretischeren Sparten immer noch zu den angewandten Wissenschaften gehört.

Genau an diesem Punkt erfüllen Fortbildungspublikationen aber eine entscheidende Funktion. Ihre Aufgabe ist es vorrangig, das kumulierte Wissen auf seine praktische Relevanz zu prüfen und konkrete Hinweise für dessen Anwendung und Umsetzung zu geben. Fortbildungspublikationen sind damit aber weit mehr als nur Zusammenfassungen; sie sind Extraktion, Prüfung, konzeptionelle Synthese und kollegiale Empfehlung. Zudem verbinden sie das kurzfristig erworbene Wissen mit dem langfristigen Wissensbestand. Bücher haben diese Aufgaben schon immer erfüllt; ob sie dieser Herausforderung angesichts der raschen methodischen Entwicklung der medizinischen Fächer zukünftig allerdings noch angemessen gerecht werden, wird die Zukunft zeigen. Fortbildungsartikel haben hier den Vorteil, einerseits genügend Raum für den praxisrelevanten Überblick zu einem Thema zu bieten, andererseits ihre Aussagen rascher relativieren zu können. Angesichts dieser wichtigen Aufgabe der Sichtung und Konsolidierung des Wissen wäre ein intensiverer öffentlicher Dialog zu Fortbildungspublikationen, so wie er zu Wissenschaftsbeiträgen üblich ist, wünschenswert.

Bleibt abschliessend noch die Forderung an die Universitäten, diese für die Wissenschaft als Ganzes so wichtige Aufgabe, das kumulierte Wissen im längerfristigen Zusammenhang immer wieder neu zu sichten und im interdisziplinären Dialog hinsichtlich Relevanz zu prüfen, im Rahmen ihrer Leistungsevaluationen besser zu honorieren. Dass sich dennoch die Fortbildung heute in der Radiologie nicht nur auf Seiten der Fortzubildenden, sondern auch bei den Autoren einer breiten Zustimmung erfreut, zeigt der Erfolg von Radiologie up2date eindrücklich. Den Autoren gebührt Dank, dass es für die Herausgeber nie ein Problem war, die Seiten der Ihnen vorliegenden Zeitschrift stets mit ausgezeichneten Beiträgen zu füllen.

Wolfgang Steinbrich, Basel