Handchir Mikrochir Plast Chir 2004; 36(4): 197-204
DOI: 10.1055/s-2004-821240
Übersichtsartikel

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Bedeutung der Mikrozirkulation in der Plastischen Chirurgie[1]

Importance of Microcirculation in Plastic SurgeryS. Langer1 , T. Galla2 , H. U. Steinau1 , H. H. Homann1 , D. Druecke1 , R. Hatz4 , D. Nolte3
  • 1Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte - Handchirurgiezentrum, BG-Kliniken Bergmannsheil, Ruhr-Universität Bochum (Chefarzt: Prof. Dr. H. U. Steinau)
  • 2Beethoven-Klinik für Plastische Chirurgie, Köln (Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. T. J. Galla)
  • 3Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Ruhr-Universität Bochum (Chefarzt: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. M. Wolff)
  • 4Chirurgische Klinik, Kliniken der LMU München-Großhadern (Chefarzt: Prof. Dr. K. W. Jauch)
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Eingang des Manuskriptes: 18. März 2004

Angenommen: 13. Juli 2004

Publikationsdatum:
15. September 2004 (online)

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Zusammenfassung

Die Plastische Chirurgie ist im klinischen Alltag konfrontiert mit pathophysiologischen Phänomenen, die sich insbesondere auf der Ebene der Mikrozirkulation abspielen. Der postischämische Reperfusionsschaden stellt ein klinisches Problem dar, welches insbesondere bei freien Lappenplastiken oder nach Replantation eines abgetrennten Körperteils auftritt. Die Kenntnisse der pathophysiologischen Mechanismen beim postischämischen Reperfusionsschaden sind daher, beispielsweise für die korrekte Indikation der Operationsverfahren, von außerordentlicher Bedeutung. Durch verschiedene Therapieverfahren wird derzeit experimentell und klinisch versucht, den Reperfusionsschaden medikamentös zu vermindern. Neuere Untersuchungen zielen auf die Verminderung der Blutplättchen/Endothel-Zellen-Interaktion zur Vermeidung von Mikrothrombenbildung.

Eine Störung der Mikroperfusion ist bei chronischen Wundheilungsstörungen regelhaft vorhanden. Der An- und Abtransport von Sauerstoff, Zellen und Nährstoffen in das/aus dem Wundgebiet ist jedoch eine unabdingbare Voraussetzung für den komplikationslosen Heilungsprozess. Die Anwendung von so genannten innovativen Therapeutika wie Wachstumshormonen, Gentherapie in Wunden u. a. soll die Angiogenese fördern und damit die Wundheilung beschleunigen. Experimentelle Modelle erlauben die Visualisierung dieser Veränderungen auf der Ebene der Mikrozirkulation und erweitern das Verständnis der Pathophysiologie etwa bei Wundheilungsstörung sowie der Verbrennungswunde. Moderne Therapieformen können auf ihre Wirksamkeit bezüglich der Modellierung der Angiogenese in Wunden überprüft werden. Neuere optische Systeme erlauben dabei bereits die Visualisierung und quantitative Analyse der Mikrozirkulation auch beim Patienten.

Biomaterialien finden zunehmend Anwendung in der Chirurgie, zum Beispiel als Knochenersatz oder zum Ersatz von Eigengewebe nach Tumoroperation oder Unfall. Kenntnisse über das Verhalten von Biomaterialien nach Implantation in vivo sind von zwingender Bedeutung für die breite klinische Anwendung solcher Produkte. Die Analyse des zeitlichen Ablaufs der Vaskularisation ist durch die Techniken und Tiermodelle der Mikrozirkulationsforschung möglich geworden.

Abstract

The article summarizes distinct microcirculatory models for use in surgical research with a special interest to plastic surgery. Methods for the quantitative analysis of the microcirculation in burns, flaps and wounds are presented. Vascularization of biomaterials can be observed by means of the dorsal skinfold chamber model in hamsters and mice. Developing capillary sprouts can be assessed by means of videomicroscopy and angiogenetic drugs can be tested using this model. Hairless mice allow for direct, long-term observation of the microcirculation in burns as well as during healing of dermal wounds. The pathophysiology of diabetic wound healing can also be studied. A mouse model to assess flap microcirculation during ischemia/reperfusion injury with special emphasis on platelet/endothelium interaction in vivo is described. Platelets adherent to the inner vessel wall are known to trigger compromised perfusion in flaps. The model allows us to test anti-thrombotic drugs. The use of a special microscopic device (OPS imaging) allows us to study the microcirculation at sites of burn injury and chronic wounds in humans. Microcirculatory research in plastic surgery has increased the understanding of the pathophysiology of vascularization of biomaterials, wound healing and ischemia/reperfusion.

1 Herrn Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Konrad Messmer gewidmet zur Emeritierung vom Lehrstuhl für Chirurgische Forschung, Kliniken der LMU München-Großhadern