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DOI: 10.1055/s-2004-822870
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Klinik und aktuelle Therapie des hypertensiven Notfalls -Erwiderung
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
24. März 2004 (online)
Herr Kollege Meyer regt an, beim hypertensiven Notfall auf Nifedipin gänzlich zu verzichten (I) und weist auf eine „vorgetäuschte“ Korrelation zwischen KHK-Inzidenz und Hochdruck hin (II).
Ad I) Wie in der Arbeit diskutiert [9], ist es sicherlich notwendig, bei der Anwendung von Kalziumantagonisten mögliche Nebenwirkungen und Kontraindikationen, wie den Myokardinfarkt und die Herzinsuffizienz, zu bedenken. Diese sollten niemals unkritisch, die Komorbiditäten des Patienten außer Acht lassend, als Medikation der ersten Wahl Anwendung finden. Es ist zu betonen, dass beim hypertensiven Notfall lediglich kurzwirksame Kalziumantagonisten Anwendung finden, eine möglichst niedrige Dosis verabreicht werden sollte, und dass deren Einsatz insbesondere beim älteren Patienten mit struktureller Herzerkrankung und Diabetes mellitus abzulehnen ist. Jedoch sollte auch bedacht werden, dass die hypertensive Notfallsituation eine spezielle Situation ist, und die antihypertensive Langzeittherapie eine andere Situation darstellt. Hierbei sei am Rande erwähnt, dass die Negativeffekte der Kalziumantagoisten nicht in allen Studien nachgewiesen werden konnten [1] [2] [4]. Die Schlaganfallhäufigkeit konnte sogar bei der Therapie mit langwirksamen Dihydropyridin-Kalziumantagonisten signifikant reduziert werden [3]. In der ALLHAT-Studie konnte gezeigt werden, dass es keine erhöhte Gesamtmortalität gibt. Da diese Substanzgruppe derzeit noch immer wegen ihrer effektiven antihypertensiven und antianginösen Wirkung, ihrer Stoffwechselneutralität und experimentell nachgewiesenem antiatheroskleortischen Effekt oft eingesetzt wird, sollten zur richtigen Indikationsstellung die Anwendungsmöglichkeiten und -einschränkungen unbedingt beachtet werden.
Ad II) Die Bedeutung verschiedener Risikofaktoren auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität wurde in vielen Studien und Metaanalysen immer wieder untersucht und diskutiert. Hierbei spielt, wie angemerkt, auch das Cholesterol eine bedeutende Rolle, die nicht vernachlässigt werden darf. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch auf dem Risikofaktor „Arterielle Hypertonie“. Wie in zahlreichen Studien gezeigt, besteht sowohl für Männer als auch für Frauen eine starke Korrelation zwischen der Höhe des arteriellen Blutdrucks und der Sterblichkeit. Bereits Anfang der neuziger Jahre zeigten sowohl Stamler als auch MacMahon [5] [7], dass das Risiko für eine kardiovaskuläre Komplikation exponentiell mit steigendem Blutdruck ansteigt. Epidemiologische Studien haben ergeben, dass es keine Blutdruckgrenze gibt, ab der das Risiko für mit Hypertonie assoziierten Komplikationen sprunghaft ansteigt. Demnach existieren auch im „normalen“ Blutdruckbereich Unterschiede im Hinblick auf das verbundene kardiovaskuläre Risiko. Bei durchschnittlichen Blutdruckwerten bei Erwachsenen unter 120/80 mmHg liegt das geringste Risiko vor. Bereits bei Blutdruckwerten, die im „hochnormalen“ Bereich liegen, steigen sowohl die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer manifesten Hypertonie und das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko signifikant an [8]. Hierbei hat das Lebensalter einen erheblichen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko bzw. die Mortalität bei Patienten mit arterieller Hypertonie. Demnach liegt das Risiko beim alten Menschen deutlich über dem eines Menschen im mittleren Lebensalter und steigt, wie auch von Herrn Meyer richtig angemerkt, mit der Höhe des Blutdrucks kontinuierlich an. Hierbei ist jedoch zu beachten, wie in einer Metaanalyse über die altersspezifische Bedeutung des Blutdrucks in Korrelation mit vaskulärer Mortalität verdeutlicht wird, dass die signifikante Korrelation von Blutdruck und kardiovaskulärer Mortalität und Morbidität auch Bestand hat, wenn für das Lebensalter korrigiert wird [6]. Morbidität und Mortalität nehmen alterskorrigiert innerhalb einer Altersgruppe mit steigendem Blutdruck zu [10]. Dies gilt insbesondere für den systolischen, aber auch für den diastolischen Blutdruck. Demnach ist die Assoziation zwischen der Höhe des Blutdrucks und der KHK-Inzidenz nicht, wie von Herrn Meyer angemerkt, nur durch den gemeinsamen Faktor Alter vorgetäuscht.
Alles in Allem ist festzuhalten, dass jeder Risikofaktor die KHK-Inzidenz erhöht. Das gemeinsame Zusammentreffen führt zu einer Zunahme, d. h. Potenzierung des Risikos!
Literatur
- 1 Aldermann M H, Cohen H, Roque R, Madhavan S. Effect of long-acting and short-acting calcium antagonists on cardiovascular outcomes in hypertensive patients. Lancet. 1997; 349 594-598
- 2 Braun S, Boyko V, Behar S, Reicher-Reiss H, Shotan A, Schlesinger Z, Rosenfeld T, Palant A, Friedensohn A, Laniado S, Goldbourt U. Calcium antagonists and mortality in patients with coronary artery disease: a cohort study of 11,575 patients. K Am Coll Cardiol. 1996; 28 7-11
- 3 Hansson L, Zanchetti A, Carruthers S G, Dahlof B, Elmfeldt D, Julius S, Menard J, Rahn K H, Wedel H, Westerlin S. Effects of intensive blood-pressure lowering and low-dose aspirin in patients with hypertension: principal results of the Hypertension optimal treatment (HOT) randomised trial. HOT Study Group. Lancet. 1998; 351 1755-1762
- 4 Leader S G, Mallick R, Briggs N C. Myocardial infarction in newly diagnosed hypertensive Medicaid patients free of coronary heart disease and treated with calcium channel blockers. A J Med. 1997; 102 1882-1886
- 5 MacMahon S, Peto R, Cutler J, Collins R, Sorlie P, Neaton J, Abbott R, Godwin J, Dyer A, Stamler J. Blood pressure, stroke and coronary heart disease. Part 1, prolonged differences in blood pressure: prospective observational studies corrected for the regression dilution bias. Lancet. 1990; 335 765-774
- 6 Prospective Studies Collaboration . Age-specific relevance of usual blood pressure to vascular mortality: a meta-analysis of individual data for one million adults in 61 prospective studies. Lancet. 2002; 369 1903-1913
- 7 Stamler J, Stamler R, Neaton J D. Blood pressure, systolic and diastolic, and cardiovascular risks. US population data. Arch Intern Med. 1993; 153 598-615
- 8 Vasan R S, Larson M G, Leip E P, Evan J C, O’Donell C J, Kannel W B, Levy D. Impact of high-normal blood pressure on the risk of cardiovascular disease. N Engl J Med. 2001; 345 1291-1297
- 9 Walenta K, Wassmann S, Grond M, Böhm M. Klinik und aktuelle Therapie des hypertensiven Notfalls. Dtsch Med Wochenschr. 2003; 128 2131-2137
- 10 Lewington S, Clarke R, Qizilbash N, Peto R, Collins R. Prospective Studies Collaboration . Age-specific relevance of usual blood pressure to vascular mortality: a meta-analysis of individual data for one million adults in 61 prospective studies. Lancet. 2002; Dec 14; 360 1903-1913
Katrin Walenta
Innere Medizin III, Unikliniken des Saarlandes
66421 Homburg
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