Aktuelle Ernährungsmedizin 2004; 29 - P2_8
DOI: 10.1055/s-2004-824954

Möglichkeiten der ambulanten Ernährungstherapie am Beispiel einer Patientin mit Hämochromatose

C Laupert-Deick 1
  • 1Praxis für Ernährungstherapie und Beratung, Bonn

Rationale: Im September 2003 wird eine 33 jährige Patientin mit frisch diagnostizierter Hämochromatose zur Ernährungsberatung vorstellig. Die Patientin wird vom betreuenden Internisten seit Juni 2003 zum Aderlass gebeten (im Regelfall 2×500ml pro Woche). Der therapeutische Nutzen einer eisenarmen Ernährung bei Patienten mit Hämochromatose wird in der Literatur kontrovers diskutiert.

Methodik: Im Rahmen einer individuellen Ernährungstherapie werden die aktuellen Ernährungsgewohn-heiten ermittelt (24-h-recall) und diskutiert. Die Patientin erhält Hinweise zur Verbesserung der Essgewohnheiten, kranheitsspezifische Infoblätter und auf Wunsch einen individuellen Ernährungsplan.

Ergebnis: Die Auswertung des letzten ausgewerteten Ernährungsprotokolls (PRODI 4.5) zeigt, dass die Eisenzufuhr während der Betreuung in der Praxis auf durchschnittlich 9,14mg pro Tag reduziert werden konnte. Die Patientin verzehrte überwiegend pflanzliches Eisen und vermied den gleichzeitigen Verzehr eisenhaltiger Nahrungsmittel mit Vitamin C. Im Rahmen einer Bioimpedanzanalyse konnten Defizite in der Nährstoffversorgung aufgezeigt werden. Trotz der guten Diätkenntnisse und der hervorragenden Compliance der Patientin gab es zahlreiche Beratungstermine, in denen die Patientin viele Fragen stellte und zum Durch-halten der einseitigen Essgewohnheiten motiviert werden konnte. Die zu Beginn der Aderlässe den Messbe-reich übersteigenden Ferritinkonzentrationen (jenseits der 6000 ng/ml) vielen bis September auf 2000–2500 ng/ml ab und stagnierten dann. Nach Einleitung der Ernährungstherapie konnte ein deutlicher Abfall im Okto-ber verzeichnet werden. Ende Oktober lagen die Werte bei weniger als 1200 ng/ml. Bis zu einer Ferritin-konzentration von weniger als 30 ng/ml wird die Aderlasstherapie weitergeführt. Danach soll die Ernährungstherapie wieder aufgenommen werden, um die Diät zu lockern.

Diskussion: Der vorliegende Fall zeigt die therapeutischen Möglichkeiten einer interdisziplinären Vernetzung von niedergelassenen Medizinern und qualifizierten Fachkräften in der Ernährungsberatung. Die Durchfüh-rung einer eisenarmen Diät scheint sich positiv auf den Therapieerfolg bei Patienten mit Hämochromatose auszuwirken. Für die betroffene Patientin bedeutete die individuelle Ernährungstherapie die Berücksichtigung der Vorlieben von Speisen, des Tagesrhythmus, familiärer sowie beruflicher Umstände und der aktuellen Lebenssituation.