Aktuelle Ernährungsmedizin 2004; 29 - P2_14
DOI: 10.1055/s-2004-824960

Untersuchungen zur Fehlernährung und Ernährungsanamnese HIV-infizierter Patienten

N Natusch 1, M Pfisterer 1, K Kohlenberg-Müller 1
  • 1FH Fulda, Fachbereich Oecotrophologie; Institut für gesunde Ernährung und Lebensführung, Heilbronn

Einleitung: Fehlernährung erkennen und den Ernährungsstatus zu optimieren sind für die HIV- Infizierten von zentraler Bedeutung. Ziele der Studie waren, den Ernährungsstatus HIV- infizierter Patienten zu analysieren und darauf aufbauend eine individuelle Ernährungsberatung durchzuführen.

Methodik: Bei 77 ambulanten HIV-infizierten Patienten (44 männliche und 33 weibliche) wurde der BMI, das Lipidprofil, sowie die Mineral- und Vitaminversorgungslage bestimmt. Zur Erhebung der Energie- und Nährstoffzufuhr führten die Patienten das Freiburger Ernährungsprotokoll.

Ergebnis: Von den Patienten (40±9 Jahre) befanden sich 45,5% im Stadium A, 24,7% im Stadium B und 29,9% im Endstadium C der Erkrankung. 66% erhielten antiretrovirale Medikamente (ART). 10,2% waren untergewichtig (BMI <18,5kg/m2), 57,6% normalgewichtig (BMI 18,5–24,9kg/m2), 41,4% übergewichtig (BMI 25,0–29,9kg/m2) und 5,8% adipös (BMI >30,0kg/m2). Mit fortschreitender Erkrankung nahm der BMI ab. Begleiterkrankungen waren: Appetitmangel (24,7%), Diarrhöe (23,4%), Diabetes mellitus (6,5%), Lipodystrophie (5,2%). Der mittlere Triglyceridwert der Gruppe mit ART (198,4±145,4mg/dl) lag im Vergleich zur Gruppe ohne ART (155,4±73mg/dl) über dem Referenzbereich. Bei 30% der Patienten war der LDL/HDL- Quotient erhöht. Bei 47,5% der Patienten wurde ein Mangel an Selen (<74µg/dl) festgestellt, bei 57,6% lagen das Serum-Eisen (<80µg/dl) und bei 14,9% das Serum-Ferritin (<30 ng/ml) unterhalb der Norm. Erhöhte Homocysteinspiegel (>12µmol/l) wurden bei 37% der Patienten festgestellt. Ein Mangel an Folsäure, Vitamin A, D3, E und B12 wurde nicht festgestellt. Die Analyse der Ernährungsprotokolle (n=23) ergab: die Energieaufnahme lag bei 65,3% der Patienten unter der alters- und geschlechtsspezifischen Empfehlung, die mittlere Proteinzufuhr (89,8±41,4g/d) lag über, die Fettzufuhr (x=81±41g/d) entsprach dem D-A-CH Referenzwert (80g/d). Die Kohlenhydratzufuhr (x=45±18,9% der Gesamtenergiezufuhr) sowie die Ballaststoffzufuhr (x=27,5±14,4g) waren zu gering, die mittlere Cholesterinzufuhr von 400±286mg/d war zu hoch. Patienten im Stadium C zeigten größere Defizite in der Energie- und Nährstoffzufuhr als Patienten im Stadium A der Erkrankung.

Diskussion: Ein guter Ernährungszustand sichert eine längere Überlebensdauer und sorgt für eine gesteigerte Lebensqualität. Eine individuelle präventive Ernährungsberatung ist daher für jeden HIV- Infizierten unentbehrlich. Sie sollte jedem HIV- Infizierten frühzeitig angeboten werden und regelmäßig und kontinuierlich von einer Ernährungsfachkraft durchgeführt werden.