Aktuelle Dermatologie 2005; 31(1/02): 38-41
DOI: 10.1055/s-2004-826114
Von den Wurzeln unseres Fachs
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zum ästhetischen Wertewandel in Kultur und Kosmetik

The Changing Face of Aesthetic Ideals in Cosmetics and CultureC.  Wietig1 , S.  Williams1 , T.  Reuther1 , M.  Davids1 , M.  Kerscher1
  • 1Kosmetik und Körperpflege (FB 13), Universität Hamburg
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Publication Date:
07 February 2005 (online)

Zusammenfassung

Die Schönheitspflege dient seit jeher dem Mythos Alterslosigkeit. Moderne dermatokosmetische Behandlungsverfahren und ästhetisch-chirurgische Korrekturen vermögen den bisher mehr oder minder schicksalhaft verlaufenden, sichtbaren Alterungsprozess aufzuhalten bzw. zu verzögern. „Schönheit” als Kompositum aus Gesundheit, Jugendlichkeit und sexueller Attraktivität gewinnt in der evidenzbasierten kosmetischen Dermatologie, der auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Kosmetologie, zunehmend an Bedeutung. Als Wiege kosmetischer Behandlungen gilt das antike Ägypten. Im Papyros Ebers (1552 v. Chr.), dem wahrscheinlich ältesten bekannten hermetischen Zeugnis, stehen medizinische und kosmetische Rezepturen gleichberechtigt nebeneinander. Eine Trennung kosmetischer von medizinisch-dermatologischen Maßnahmen gab es in dieser Zeit nicht. Der französische Chirurg Henri de Mondeville (1260 - 1320 n. Chr.) gilt als einer der ersten Ärzte, die zwischen medizinischen und kosmetischen Maßnahmen unterschieden. Der moderne kosmetisch-medizinische Ansatz knüpft in gewissen Aspekten an die Tradition der ganzheitlichen Sichtweise an, jedoch unter veränderten Vorzeichen medizinischer Hochtechnologie der Life-Sciences. Da der Körper kosmetisch modifiziert immer auch als Kulturträger seiner Zeit fungiert, drückt die jeweilige Körperbildästhetik auch zeitimmanente Konventionen aus. Vor dem Hintergrund einer international zunehmenden Nachfrage nach dermatokosmetischen Maßnahmen stellt der Artikel eine Auswahl kulturgeschichtlicher Aspekte der „Schönerhaltung” des Körpers im Wandel der Zeit dar.

Abstract

Skin care and aesthetic treatments, which aim for the myth of eternal ‘no-age’, have been performed for many centuries. While modern dermatocosmetic formulations and aesthetic procedures are able to ameliorate or delay the development of visible signs of ageing to a certain degree, the ageing process itself is inevitable. ‘Beauty’ as a combination of health, youth and sexual attraction, is receiving increasing interest and consideration in evidence-based cosmetic dermatology, the scientifically proven cosmetic dermatology. Ancient Egypt is seen as the birthplace of cosmetic treatments. The oldest known testimony of cosmetic skin care formulations is the ‘Papyros Ebers’ (1552 BC), which contains both medical and cosmetic formulations. A strict separation of medical-dermatologic therapy on the one hand and cosmetic measures on the other hand had been unknown for many centuries. The French surgeon Henri de Mondeville (1260 - 1320 AD) is thought to be one of the first physicians who separated medical treatments from cosmetic treatments. The modern combination of cosmetic and medical dermatology thus returns in some way to traditional aspects of cosmetic treatment methods. Today’s aesthetic-cosmetic medicine however represents a high-tech life-science. The cosmetically modified body has always been a mirror of the culture of the time. Having the increasing demand for dermatocosmetic treatments in mind, the article describes cultural aspects of the changing face of aesthetic ideals.

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Christina Wietig

Universität Hamburg, Kosmetik und Körperpflege (FB 13)

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