PiD - Psychotherapie im Dialog 2004; 5(3): 266-270
DOI: 10.1055/s-2004-828313
Aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Soziale Kompetenz und soziales Kompetenztraining bei narzisstischen Störungen

Thomas  Heidenreich, Alexander  Noyon
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. September 2004 (online)

Abstract

In der Vergangenheit wurden aus methodischen Gründen in kognitiv-verhaltenstherapeutischen Konzeptionen in der Regel kaum Termini verwendet, die sich auf die „Persönlichkeit” und „Persönlichkeitsstörungen” bezogen. Die Publikationen von Beck und Mitarbeitern (1995), Turkat (1990) und Young (1990) stellten erste Schritte dar, kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze spezifisch für Persönlichkeitsstörungen und damit auch für narzisstische Persönlichkeitsstörungen zu entwickeln. Im Gegensatz dazu behandelten kognitive Verhaltenstherapeuten bereits früh Patienten, auf die die entsprechenden Kriterien zutrafen. In diesem Beitrag wird zunächst ein Überblick zu einer verhaltenstherapeutischen Sicht narzisstischer Störungen gegeben. Es wird dargelegt, dass Patienten mit narzisstischen Störungen (analog zu Patienten mit anderen Störungen) spezifische Defizite der sozialen Kompetenz aufweisen und es werden Strategien beschrieben, wie soziale Kompetenzdefizite bei narzisstischen Störungen behandelt werden können. In einem Ausblick werden mögliche Weiterentwicklungen des Trainings sozialer Kompetenzen bei Patienten mit narzisstischen Störungen skizziert.

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1 Lieb (1998) geht in diesem Punkt noch wesentlich weiter und plädiert für eine Abschaffung des seiner Betrachtung nach widersinnigen Konzeptes der Persönlichkeitsstörung und argumentiert, dass sich „die Aporie der ,Störung von Personen‘ […] nur lösen lassen [wird], wenn man den Begriff der Störung vollkommen aufgibt” (Lieb 1998, S. 45). Diese Diskussion kann hier aus Platzgründen nicht geführt, sie soll aber wenigstens erwähnt werden. Prinzipiell erscheint es uns im Rahmen eines kompetenz- und ressourcenorientierten therapeutischen Vorgehens sinnvoll, Pathologisierungen zu vermeiden und den Begriff der Persönlichkeitsstörung sehr umsichtig zu verwenden.

Korrespondenzadresse:

Dr. Thomas Heidenreich

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität

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