Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(28/29): 1588
DOI: 10.1055/s-2004-829008
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Imitation eines Kolonkarzinoms: Diuretika-induzierte ulzerativ-stenosierende ischämische Kolitis - Erwiderung

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Publikationsdatum:
21. Juli 2004 (online)

Sehr herzlich danken wir Herrn Dr. Schute für seine differenzierten Bemerkungen zu unserm Fallbericht [3], die uns die Möglichkeit geben, die Besonderheit des vorliegenden Falles erneut zu beleuchten.

Ad 1) „Die ischämische Kolitis ist eine seltene Erkrankung des hohen Alters, deren Inzidenz in den letzten Jahren zugenommen hat“.

Tatsächlich ist die Inzidenz ischämischer Darmerkrankungen, insbesondere die der nicht- okklusiven Darmischämien im letzten Jahrzehnt deutlich angestiegen, was unter anderem auf die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung zurückzuführen ist [5]. Intestinale Ischämien treten ganz überwiegend im fortgeschrittenem Lebensalter auf, wobei Patienten mit einer nicht-okklusiven mesenterialen Ischämie (NOMI) mit 63 Jahren durchschnittlich 10 Jahre jünger sind als diejenigen mit einem thrombembolischen Verschluss der Mesenterialgefäße [4]. Das außergewöhnlich junge Alter unseres Patienten ohne entsprechende Drogenanamnese oder klassische Risikofaktoren für eine okklusive intestinale Ischämie stellt eine Ausnahme dar, die uns differentialdiagnostisch interessant und aufgrund des vermuteten Zusammenhangs mit der übermäßigen Diuretika Einnahme berichtenswert erschien.

Ad 2 und 3) „Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Vaskulitis, Hyperlipidämie, Nikotinabusus und Hyperkoagulabilität begünstigen die okklusive Form der ischämischen Kolitis“.

Diese klassischen Risikofaktoren der Arteriosklerose, ob für KHK, pAVK oder okklusive mesenteriale Ischämie (OMI) spielen - wie auch das Vorliegen einer Arteriosklerose selbst - für die Entwicklung einer akuten nicht-okklusiven Darmischämie, wie in unserem Fall, keine herausragende Rolle [1] [2]. Insbesondere wurde bisher kein Zusammenhang zwischen Blutfettspiegeln und dem Auftreten nicht-okklusiver intestinaler Perfusionsstörungen beschrieben. Auslösende Faktoren sind hier vielmehr kurzfristige hochgradige viszerale Vasokonstriktionen unterschiedlicher Genese (siehe auslösende Faktoren in Tab. 1 unseres Artikels). Unser Patient war Nichtraucher und seine Blutfette lagen innerhalb der von unserem Labor angegebenen Norm- bzw. Zielwerte: TG 117 mg/dl (70-250), LDL 110 mg/dl (90-190), VLDL 18 mg/dl (5-40), HDL 48 mg/dl (> 35).

Ad 4) In diesem Punkt möchten wir Herrn Dr. Schulte unterstützen. Insbesondere die okklusive mesenteriale Ischämie (OMI) stellt eine seltene Differentialdiagnose des akuten Abdomens dar (< 1 %), die mit einer hohen Mortalität und Morbidität belastet ist und häufig nicht rechtzeitig diagnostiziert wird [1] [5]. Eine differenzierte Anamneseerhebung ist für die frühzeitige Diagnosefindung unabdingbar. Der Prozentsatz der allein durch die Anamneseerhebung richtig diagnostizierten nicht-okklusiven intestinalen Ischämien (NOMI), dürfte jedoch deutlich geringer als 20 % sein [1] [2] [5]. Unser Fall zeigt eindrücklich, wie trotz dezidierter Anamnese, gründlicher körperlicher Untersuchung und zusätzlicher bildgebender, endoskopischer, histologischer und laborchemischer Diagnostik eine „einleuchtende Fehldiagnose“ weiterhin möglich ist.

Literatur

  • 1 Alapati S V, Mihas A A. When to suspect ischemic colitis. Why is this condition so often missed or misdiagnosed?.  Postgrad Med. 1999;  105 177-180
  • 2 Itzbicki J R, Schneider C G, Kastl S. Partielle Ischämien. Okklusive und nichtokklusive Darmischämie, ischämische Kolitis, systemischer Lupus erythematodes.  Chirurg. 2003;  74 413-418
  • 3 Kleespies A, Jonas S, Neuhaus P. Imitation eines Kolonkarzinoms: Diuretika-induzierte ulzerativ-stenosierende ischämische Kolitis.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 681-684
  • 4 Luther B LP. Intestinale Durchblutungsstörungen. Mesenterialinfarkt, Angina abdominalis. Therapieoptionen, Prognosen. Steinkopff, Darmstadt 2001
  • 5 Wolf A M, Henne-Bruns D. Mesenteriale Ischämie. Chirurgische Epidemiologie - wann muss man daran denken?.  Chirurg. 2003;  74 395-398

Dr. med. Axel Kleespies

Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Grosshadern

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