Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 108
DOI: 10.1055/s-2004-829313

Langzeitverlauf bei asphyxierender Thoraxdysplasie (Jeune-Syndrom)

B Hinrichs 1, P Meinecke 1, D Müller-Wiefel 1, HH Hellwege 1
  • 1UKE Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Abteilung für medizinische Genetik, AKK (Hamburg, Deutschland)

Wir stellen drei Patienten mit Jeune-Sydrom (JS) hinsichtlich ihrer unterschiedlichen pulmonalen Entwicklung vor.

Das JS ist ein seltenes autosomal rezessives Krankheitsbild, bei dem u.a. chondrodysplastische Veränderungen der Rippen mit Einengung des Thorax charakteristisch sind. Dies führt zu variabel ausgeprägter postpartaler Atemnot. Früher Tod aufgrund der Ateminsuffizienz ist häufig (bis 70% der Neugeborenen) und wahrscheinlich bestimmt durch die Lungenhypoplasie. Es gibt aber auch Kinder mit ungestörter postnataler Anpassung bei weitgehend normaler Thoraxform und Lungenfunktion. Über die überlebenden, zunächst lungenkranken Kinder gibt es hinsichtlich der Entwicklung der Thoraxform und der Lungenfunktion wenig Aussagen. Zusätzlich zu den chondrodysplastischen, reversiblen Veränderungen kann es bei den Patienten infolge cystischer Nierenveränderungen bzw. einer Nephronophtise zur terminalen Niereninsuffizienz kommen.

Patient 1, 15J. m.: Beatmung wegen respiratorischer Insuffizienz in den ersten 3 Lebensmonaten, dann Erholung und zunehmend bessere Belastbarkeit. Aktuell normale Thoraxkonfiguration, normale Lungenfunktion. Leichte Entwicklungsretardierung, Nieren funktionell und sonographisch bis auf leichte Erweiterung des NBK-Systems unauffällig.

Patient 2, 14J. m.: postpartale komplizierte Beatmung über 4 Monate, langsame Erholung, jetzt guter Sportler, normale Thoraxform, normale Lungenfunktion, Asthma bronchiale. Nieren o.B.

Patientin 3, 11J. w.: postpartal gering atemgestört, CPAP für einige Tage. Für JS typische, cystische Nieren-Ultraschallbefunde mit terminaler Niereninsuffizienz und Nierentransplantation. Das Mädchen ist jetzt in ihrer pulmonalen Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt und zeigt einen Kurzrippenthorax sowie eine schwere Skoliose mit respiratorischer globaler Insuffizienz.

Während in der Neonatalzeit schwer atemgestörte Patienten eine gute Entwicklung zeigen können, gibt es Patienten mit initial recht guter Lungenfunktion, aber im Verlauf weiterbestehender respiratorischer Insuffizienz. Prädiktive pränatale Untersuchungen oder Scoring-Systeme hinsichtlich des pulmonalen Outcomes sind nicht bekannt. In Anbetracht der spontanen Verbesserungstendenz der Lungenfunktion in den ersten Jahren stellen operative Verfahren zur Thoraxerweiterung Notlösungen dar. Die Chance zur Normalisierung der Lungenfunktion und auch des Erfolges von operativen Verfahren hängt wahrscheinlich vom Ausmass der persistierenden Lungenhypoplasie ab.