Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 205
DOI: 10.1055/s-2004-829410

Selektive Hirnkühlung zur Therapie epileptischer Anfälle

H Trübel 1, P Herman 1, C Kampmann 1, E Novotny 1, F Hyder 1
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Yale University, Kinderklinik der Johannes Gutenberg Universität, Yale University (Wuppertal, Deutschland; New Haven, USA; Mainz, Deutschland)

Ganzkörperkühlung kann zur Therapie von Krankheitsprozessen des Gehirns (z.B. nach Hypoxie) eingesetzt werden. Komplikationen sind u.a. hämodynamische Instabilität, Gerinnungsstörung und Infektion. Daher erscheint eine selektiven Hirnkühlung (SHK) zur Vermeidung dieser Nebenwirkungen sinnvoll. An Ratten wurde ein neuer Ansatz zur SHK vom Rachen aus beschrieben (Trübel et al. 2003) und zur Therapie von induzierten Krampfanfällen eingesetzt.

Fragestellung: Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Anfallsdauer und der induzierten Hirntemperatur unter SHK?

Methodik: Sprague-Dawley Ratten (n=18) wurden analgosediert, relaxiert und künstlich normoventiliert. Die Tiere wurde mittels invasiver Blutdruckmessung bezüglich des Blutdrucks und der Herzfrequenz sowie durch Blutgasanalyse bzgl. der gewählten Beatmungsparameter überwacht. Die selektive Hirnkühlung erfolgte vom Pharynx aus durch Kälteapplikation mittels flüssigkeitsperfundierter Kühlsonde (Trübel et al. 2003). Neben einer intracerebral Temperatur-Messung (Oxylite, Fa. Oxford Optronix, UK) im somatosensorischen Cortex wurde die elektrischen Anfallsaktivität mittels Mikrosonden (FHC, Bowdoinham, ME, USA) nach Injektion des GABA-Antagonisten Bicuculline (1mg/kg) abgeleitet. Die Injektion von Bicuculline erfolgte jeweils einmalig pro Tier bei verschiedenen Hirntemperaturen.

Ergebnisse: Es wurde Hirntemperaturen unter SHK zw. 36.5 und 31.5 Grad Celsius untersucht. Je tiefer die Hirntemperatur war, umso kürzer dauerte die elektrische Krampaktivität an: Die Krampfaktivität reduzierte sich im o.g Temperaturbereich von 723±123 auf 258±238s. Es besteht eine Korrelation zwischen der Anfallsdauer und der zum Zeitpunkt der Auslösung herrschenden Hirntemperatur (r=0.64).

Diskussion: Wenn eine Ganzkörperkühlung wegen zu erwartender Nebenwirkungen nicht durchgeführt werden kann oder eine selektive Hirnkühlung von der Schädeloberfläche z.B. wegen der Anwendung von Hirndrucksonden nicht möglich erscheint, stellt eine selektive Hirnkühlung vom Pharynx aus eine Alternative dar. An einem Tiermodel erwies sich dieses Verfahren als wirksam zur Reduktion der Anfallsdauer nach induzierter Krampfaktivität.