Zentralbl Gynakol 2004; 126 - P4_4
DOI: 10.1055/s-2004-829824

Wertigkeit chromosomaler Aberrationen durch FISH-Technik bei HIV/HPV-Koinfektion

D Roosen 1
  • 1Köln

Das Zervixkarzinom ist mit ca. 350000 Todesfällen weltweit nach dem Mammakarzinom die zweithäufigste Ursache für Krebstod bei Frauen. Man geht heute von etwa 7000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland aus. Die Inzidenz seiner Vorstufen, der zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN I-III) wird in Deutschland auf ca. 300.000 Frauen geschätzt. Die high-risk HPV-Infektion als häufigste sexuell übertragbare Erkrankung ist Hauptinitiator bei der Entstehung der Neoplasie sowie dessen Vorstufen. Im Gewebe dieser Karzinome konnte in 99,7% der Fälle HPV-DNA nachgewiesen werden. Doch vor allem bei Frauen unter 30 Jahren können HPV-Infektionen aufgrund eines intakten Immunsystems transient sein, so dass sie nach einer medianen Dauer von ca. acht Monaten nicht mehr nachweisbar sind. Bei Schwächung der Immunabwehr aber, z.B. bei HIV, kann es zu einer Persistenz des HPV mit der Ausbildung dysplastischer Veränderungen kommen. Durch die Technik der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ist es möglich, den Einfluss einer HPV u./o. HIV-Infektion anhand chromosomaler Aberrationen im Kern dysplastischer Zellen der Zervix uteri nachzuvollziehen u. prognostisch einzuschätzen.

Wir rekrutierten 48 Frauen zwischen 19 u. 44 Jahren, 35 HPV-positive (davon 17 HIV-positive) u. 13 HPV-negative (davon 4 HIV-positive) Patientinnen mit jeweils unterschiedlichem Dysplasiegrad (Pap II-IVa). Die Chromosomen 1,7 u. 17 der Zervixepithelzellen wurden mit spezifischen Zentromerproben, die mit fluoreszierenden Markermolekülen gekoppelt waren, hybridisiert u. anschließend auf Chromosomenaberrationen (Trisomien, Monosomien) hin untersucht.

HPV leistet den entscheidenden Beitrag bei der Entstehung von Aberrationen im Zellkern. HPV-Patientinnen jenseits des 30. Lebensjahres weisen Trisomien in größerer Anzahl auf als jüngere Frauen (p=0,011). Dieselbe Tendenz zeigt sich auch bei der Untersuchung HPV-Patientinnen mit entzündlich bzw. regenerativ od. metaplastisch veränderten Zellen (Pap II). Sie lässt sich statistisch aber nicht absichern (p>0,05). Eine direkte Proportionalität zwischen Ausprägungsgrad der Dysplasie u. Trisomiehäufigkeit lässt sich bei Monosomie nicht nachweisen. HPV-Patientinnen mit einer Pap II-Klassifikation zeigten bei der Koinfektion mit dem HIV mehr chromosomale Aberrationen als Frauen mit einer Einfachinfektion.

Die high-risk HPV-Infektion ist der entscheidende Faktor bei der Entstehung des Gebärmutterhalskrebses, wobei das HIV als Kofaktor durch Schwächung des Immunsystems dem HPV den Weg zur Persistenz u. Progression zu ebnen scheint. Ein vermehrtes Auftreten chromosomaler Aberrationen bei HPV-Patientinnen jenseits des 30. Lebensjahres läst ein HPV-Screening dieser Patientinnengruppe in der Vorsorge sinnvoll erscheinen, da das Auftreten von Trisomien in den Chromosomen 1,7 u. 17 als Marker für dysplastische Veränderungen herangezogen werden kann. Ein HPV-Test ist bei HIV-Infizierten sinnvoll, da die HIV-bedingte Immunabwehrschwäche eine Persistenz der HP-Viren begünstigt.