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DOI: 10.1055/s-2004-831376
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Primäre und sekundäre Prophylaxe der Ösophagusvarizenblutung[1]
Variceal hemorrhage: primary and secondary prophylaxisPublication History
eingereicht: 5.5.2004
akzeptiert: 12.8.2004
Publication Date:
15 September 2004 (online)
Ösophagusvarizen entstehen durch eine Druckerhöhung in der Pfortader, am häufigsten als Folge einer Leberzirrhose, seltener durch einen prä- bzw. posthepatischen Block oder einen erhöhten Einfluss in das portalvenöse System (z. B. bei Erkrankung mit erheblicher Splenomegalie). Aufgrund ihrer besonderen anatomischen Lage im Bereich des distalen Ösophagus bzw. des gastroösophagealen Übergangs, wo sie nur von einer dünnen Epithelschicht bedeckt sind, kommt es vor allem im unteren Drittel der Speiseröhre zur Ruptur. Dabei ist der Auslöser unklar. Eindeutig gezeigt werden konnte, dass Patienten ein erhöhtes Blutungsrisiko haben bei schlechter Leberfunktion (Child C) und bei großen Varizen, besonders dann, wenn bestimmte endoskopische Zeichen auf den Varizen vorliegen, die auf einen erhöhten Blutdruck im Gefäß deuten. In letzter Zeit wurde auch spekuliert, dass nicht nur die mit der Leberzirrhose assoziierte gestörte plasmatische Gerinnung, sondern auch eine Funktionsstörung der Thrombozyten als Auslöser eine Rolle spielt. Ob akute Druckerhöhungen in der Varize (z.B. postprandial, bei Valsalvamanöver) zur Blutung führen, ist schwer zu belegen.
Die Leberzirrhose mit portaler Hypertension ist eine systemische Erkrankung, die sich im Gefäßsystem als sog. hyperdyname Veränderung äußert mit einer unterschiedlich gestörten Perfusion der Organe. Involviert sind ganz besonders das Splanchnikusgebiet, aber auch die Lunge und die periphere Strombahn. Während in der Peripherie eine vermehrte Weitstellung der Gefäße besteht, ist in der Niere selbst beim Menschen eine verminderte Durchblutung zu beobachten. Der gesamte Komplex dieser Veränderung mit unterschiedlicher organabhängiger Gefäßdysregulation sowie die dazugehörigen Mediatoren sind nur partiell verstanden [8]. Eine wichtige Rolle in der Vermittlung spielen einerseits Stickstoffmonoxid (NO), Prostaglandine oder auch Enterohormone wie Glucagon und andererseits die Ausschüttung vasokonstriktorischer Gegenspieler wie Endothelin bzw. eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems.
Prophylaxe und Therapie der Varizenblutung haben verschiedene Ziele:
die Verhinderung der Blutung aus den Varizen, und zwar als Primärprophylaxe oder im Sinne einer Sekundärprophylaxe zur Verhinderung der Rezidivblutung, und
die möglichst rasche Hämostase.
Dabei wurden in den letzten 15 Jahren Techniken entwickelt, die gar nicht (z. B. lokale Blutstillung) oder auf ganz unterschiedlichem Wege in die Pathophysiologie der portalen Hypertension eingreifen (z. B. Shunt vs. medikamentöse Behandlung). Ideal wäre eine Behandlung, die die komplexen bei der Leberzirrhose auftretenden Störungen möglichst global erfasst und therapiert, d. h. den intrahepatischen Widerstand senkt und zugleich die hyperdyname Zirkulationsstörung ebenso wie die gestörte hormonelle Situation beeinflusst, um auf diesem Wege auch den Portaldruck zu senken. Von einer so globalen Therapie sind wir noch weit entfernt.
kurzgefasst: Die anatomische Situation der Varizen und die hyperdyname Zirkulationsstörung sind wichtige Veränderungen, die bei der Behandlung der Varizenblutung berücksichtigt werden müssen.
1 Dieses Manuskript wurde teilweise als Syllabusbeitrag für den Intensivkurs Klinische Hepatologie in Offenbach, Juni 2004, verwandt.
Literatur
- 1 Abraldes J G. et al . Hemodynamic response to pharmacological treatment of portal hypertension and long-term prognosis of cirrhosis. Hepatology. 2003; 37 902-908
- 2 Bosch J, Garcia-Pagán J C. Prevention of variceal rebleeding. Lancet. 2003; 361 952-954
- 3 Bureau C. et al . „A la carte” treatment of portal hypertension: adapting medical therapy to hemodynamic response for the prevention of bleeding. Hepatology. 2002; 36 1361-1366
- 4 Lebrec D. et al . Propranolol - a medical treatment for portal hypertension. Lancet. 1980; 2 (8187) 180-182
- 5 Rasaratnam B. et al . The effect of selective intestinal decontamination on the hyperdynamic circulatory state in cirrhosis. Ann Intern Med. 2003; 139 186-193
- 6 Schepke M. et al . Hemodynamic effects of the angiotensin II receptor antagonist irbesartan in patients with cirrhosis and portal hypertension. Gastroenterology. 2001; 121 389-395
- 7 Schepke M. et al . Ligation versus propranolol for the primary prophylaxis of variceal bleeding in cirrhosis. Hepatology. 2004; 40 65-72
- 8 Shah V. et al . Nitric oxide in gastrointestinal health and disease. Gastroenterology. 2004; 126 903-913
- 9 Soares-Weiser K. et al . Antibiotic prophylaxis of bacterial infections in cirrhotic inpatients: a meta-analysis of randomized controlled trials. Scand J Gastroenterol. 2003; 38 193-200
1 Dieses Manuskript wurde teilweise als Syllabusbeitrag für den Intensivkurs Klinische Hepatologie in Offenbach, Juni 2004, verwandt.
Prof. Dr. Tilman Sauerbruch
Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum
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