Z Gastroenterol 2004; 42 - P077
DOI: 10.1055/s-2004-831531

Induktion oraler Immuntoleranz: Expansion IL–10- und TGF-ß-produzierender T-Lymphozyten nach Langzeitfütterung

C Schmidt 1, S Ring 2, A Stallmach 3, T Marth 2
  • 1Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Saarbrücken
  • 2Deutsche Klinik für Diagnostik, Fachbereich Gastroenterologie
  • 3Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährungsmedizin, Katholische Kliniken Essen Nord

Hintergrund: Orale Toleranz kann durch wiederholte Fütterung hoher Antigen-Dosen oder durch Langzeitfütterung niedriger Dosen erreicht werden. Die Induktion oraler Toleranz bei Kurzzeitfütterung ist durch eine Bcl2-Hypophosphorylierung und Fas-mediierte Apoptose Antigen-spezifischer T-Lymphozyten charakterisiert. In dieser Studie untersuchten wir die molekularen Mechanismen der Langzeitfütterung. Neben zeitabhängigen Untersuchungen wurde insbesondere die Rolle von IL–10 in der Toleranzinduktion untersucht

Methoden: OVA-TCR transgene Mäuse (DO11.10) erhielten in Trinkwasser gelöstes Antigen über 4–12 Wochen (Median 5mg/Tag), eine Gruppe erhielt zusätzlich anti-IL–10 (250 ng) zweimal wöchentlich i.p., Kontrolltiere erhielten PBS i.p. Nach Beendigung der Antigengabe wurden die Tiere für 10 Wochen nachuntersucht. Lymphozyten aus Milz und Peyer'schen Plaques (PP) wurden isoliert, gezählt, die Proliferation in vitro durch 3H-Thymidin-Inkorporation gemessen und eine immunologische Charakterisierung durch FACS-Analyse und Bestimmung verschiedener Zytokine mittels ELISA vorgenommen.

Ergebnisse: Die Induktion oraler Toleranz wird durch eine signifikante Steigerung der IL–10- und TGF-ß-Sekretion in Milz und PP mediiert, während die T-Zell-Proliferation und IFN-γ-Sekretion vermindert sind; die Fas-Expression bleibt unverändert. Die Neutralisation von IL–10 reduziert die TGF-ß-Sekretion und damit die Induktion der oralen Toleranz in Milz und PP im Vergleich zu dessen erhöhten Sekretion bei Kontrolltieren. Während die Anzahl der T-Zellen in lymphatischen Organen nur z.T. mit der Dauer der Antigenfütterung korreliert, fand sich nach 8 Wochen unerwartet eine Expansion der Antigen-spezifischen T-Zellen (Milz 315%, PP 501%), die sich nach Beendigung der Antigengabe wieder normalisierte. Währenddessen war der Anteil der B-Lymphozyten in der Milz auf 30% und in den PP auf 52% reduziert.

Diskussion: Während orale Immuntoleranz in der Kurzzeitfütterung durch klonale Deletion mediiert wird, führt die Langzeit-Antigenfütterung nach 8 Wochen zu einer offenbar reversiblen deutlichen Expansion von IL–10- und TGF-ß-produzierenden T-Lymphozyten, die Tr1-Zellen entsprechen könnten. Die IL-l0-Neutralisation verhindert die Entwicklung einer oralen Immuntoleranz.