Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(37): 1944
DOI: 10.1055/s-2004-831832
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kosteneffektivität von Atorvastatin zur Prävention der koronaren Krankheit - Eine Analyse der ASCOT-Studie

Zum Beitrag aus DMW 25/26 2004
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. September 2004 (online)

Der Beitrag [1] steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der ASCOT-Studie [2], die den Lesern sowohl für die Ereignisreduktionen durch Atorvastatin gegenüber Placebo als auch für die NNTs nicht genannt wurden. Im Lancet 2003 publizierte Studiendaten weisen aus, dass alle Ereignisreduktionen so minimal sind, dass keinerlei klinische Relevanz resultiert (Tab. [1]).

Tab. 1 Studiendaten der ASCOT-Studie 2. Placebo(n = 5 173) Atorvastatin(n = 5 168) Ereignisreduktion NNT Primärer Endpunkt in % 3,0 1,9 1,1 91 Schlaganfall, gesamt 2,4 1,7 0,7 143 Gesamtmortalität 4,1 3,6 0,5 200 kardiovaskuläre Mortalität 1,6 1,4 0,2 500

Entsprechend repräsentieren die NNTs Therapie-Ineffektivität:

Nach 3,3 Jahren tgl. 10 mg Atorvastatin wirkt das Statin im primären Endpunkt zu 98,9 % wie Placebo. Die NNT von 91 benötigt hochgerechnet 9100 Patienten mit Atorvastatin-Einnahme, damit 100 von Ihnen geschützt werden. Der Rest von immensen 9000 Patienten hat das Statin ohne diesen Nutzen 3,3 Jahre lang umsonst erhalten. Der besonders wichtige sekundäre Endpunkt „kardiovaskuläre Mortalität“ zeigt mit 99,8 % keinen Unterschied mehr zwischen Placebo und Atorvastatin. Die NNT von 500 erfordert hochgerechnet für 5000 Patienten 3,3 Jahre lang tgl. 10 mg Atorvastatin, um nur 10 von einem Ereignis zu bewahren. 4990 Patienten haben trotz jahrelanger Statineinnahme keinen Nutzen.

Vor diesem Hintergrund wird das im Beitrag angesprochene Compliance-Problem bedeutungslos. Die Autoren wollen aus den Resultaten der ASCOT-Studie Kosteneffektivität erkennen, lassen jedoch für den Transfer in deutsche Kassenarztpraxen außer acht, dass jeder Vertragsarzt für seine nach Richtgrößen eng budgetierten Arzneimittelverordnungen in persönlicher Regress-Haftung steht.

Die außerordentlich schlechten Studienendpunkt-NNTs würden eine derart langjährige hochfrequente und zudem frustrane Atorvastatinverordnung für das in jeder Hausarztpraxis zahlreich vorkommende ASCOT-Studien-Klientel bedeuten, dass dies einer Missachtung des im Sozialgesetzbuch V § 12,1 vorgeschriebenen „Wirtschaftlichkeitsgebots“ gleich käme.

Aus den Resultaten der ASCOT-Studie ist kein Nutzen erkennbar, die vorgelegte Kosten-Nutzenberechnung erscheint irrealistisch.

Literatur

  • 1 Szucs T D, Klose G, Düsing B. Kosteneffektivität von Atorvastatin zur Prävention der koronaren Herzkrankheit. Eine Analyse der ASCOT-Studie.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 1420-1424
  • 2 Sever P S, Dahlöf B. et al. for the ASCOT investigators . Prevention of coronary and stroke events with atorvastatin in hypertensive patients who have average or lower-than-average Cholesterol concentrations, in the Anglo-Scandinavian Cardiac Outcomes Trial - Lipid Lowering Arm (ASCOT-LLA).  Lancet. 2003;  361 1149-1158

Dr. med. Volker Traut

Am Himmelreich 1

79312 Emmendingen