Der Klinikarzt 2004; 33(8/09): XVII
DOI: 10.1055/s-2004-834387
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Alzheimer-Prävention - Hilft es, die "grauen Zellen" auf Trab zu halten?

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. September 2004 (online)

 

Quelle: Smyth KA, Fritsch T, Cook TB et al. Worker functions and traits associates with occupations and the development of AD. Neurology 2004; 63: 498-503

Thema: Es ist ein gerne beschriebenes Phänomen, dass geistige Tätigkeiten wie Lesen, Musizieren aber auch Tanzen oder Kartenspielen vor einer Erkrankung an Alzheimer schützen sollen. Jetzt haben Forscher aus Cleveland untersucht, ob auch der gewählte Beruf und das Arbeitsleben Auswirkungen auf die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz haben.

Projekt: In einer Fallkontrollstudie haben Kathleen Smyth et al die beruflichen Karrieren von 122 Patienten, die nach dem 60. Lebensjahr an Morbus Alzheimer erkrankten, mit einer Kontrollgruppe aus 235 Gesunden über vier Lebensjahrzehnte verglichen.

Ergebnis: Gab es während der dritten Lebensdekade - also im Alter zwischen 20 und 30 Jahren - noch keine Unterschiede in den mentalen Anforderungen in Beruf oder Ausbildung, änderte sich das Bild in den folgenden Lebensjahrzehnten: Setzten die Probanden ihr Berufsleben mit geistig anspruchsvolleren Tätigkeiten fort, erkrankten sie seltener an Alzheimer. Spätere Alzheimer-Patienten dagegen verbrachten ihr weiteres Berufsleben immer häufiger mit körperlicher Arbeit, die geistigen Anforderungen veränderten sich hier im Laufe der Jahre nicht entscheidend. Um 33% lagen die mentalen Anforderungen der gesunden Kontrollen über denen der späteren Alzheimer-Patienten.

Fazit: Die Autoren sehen in ihrer Arbeit einen weiteren Beleg für die Hypothese, dass diejenigen, die ihren Intellekt stärker beanspruchen, seltener an Alzheimer erkranken. Möglicherweise führe eine höhere geistige Beanspruchung zu einer erhöhten Aktivität der Gehirnzellen. Dies wiederum trage dazu bei, die Reserve der Gehirnzellen zu erhalten, die den Auswirkungen einer Alzheimer-Erkrankung standhalten, so spekulierten sie.

Doch die Studie bietet auch einige Ansätze zur Kritik: Zum einen sind Fallkontrollstudien sicherlich eine einfache, aber möglicherweise nicht die beste Möglichkeit, den Einfluss mentaler Anforderungen auf das Erkrankungsrisiko zu untersuchen. Zudem berücksichtigen die Autoren weder den sozialen noch den wirtschaftlichen Hintergrund der Probanden, weshalb auch keine Aussagen über den möglichen Zugriff auf Gesundheitsleistungen oder eine bessere Ernährung möglich sind. Dementsprechend gibt es sicher auch andere Interpretationsmöglichkeiten der Studienergebnisse. Und Kritiker zweifeln - aufgrund der momentanen Vorstellung über die Pathogenese der Alzheimer-Erkrankung - daran, dass geistige Tätigkeiten das Gehirn tatsächlich vor Alzheimer schützen können.

Key Words: Morbus Alzheimer - Berufsleben - mentale Anforderung

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