Aktuelle Dermatologie 2004; 30 - 79
DOI: 10.1055/s-2004-835605

Systemische Immuntherapie und lokale Anwendung von Imiquimod als postoperative Rezidivprophylaxe bei Condylomata acuminata gigantea (Buschke-Löwenstein)

S Steinhäuser 1, A Wagner 1, W Tilgen 1, D Dill-Müller 1
  • 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Hautklinik und Poliklinik, Homburg/Saar, Deutschland

Anamnese: Bei der 50-jährigen, sonst gesunden Patientin bestanden seit 4 Jahren Condylomata acuminata perianal und seit 2 Jahren asymptomatische Hautveränderungen am äußeren Genitale. Nachdem das initial ca. 14×8×8cm große papillomatöse Tumorkonglomerat perianal als chirurgische R2-Resektion mit Analsphinkterteilresektion wegen makroskopischer Infiltration der Spinkteren entfernt wurde, stellte sich die Patientin zur Behandlung des genitalen Befundes vor. Befund: Dichte Besiedlung der großen und kleinen Labien mit spitzen Condylomen und 2×2cm großes Tumorbeet in der perianalen Wundfläche. Immunhistologisch konnte die onkogenen Virustypen HPV 16 und 18 nicht nachgewiesen werden. Therapie und Verlauf: Die Abtragung der verbliebenen Condylombeete erfolgte mit dem CO2-Laser. Nach Ausschluss einer Infiltration des Beckenbodens oder Metastasierung in die Beckenorgane mittels MRT wurde eine systemische Rezidivprophylaxe mit Interferon-α 2a (Roferon A®) in der Dosis 3×9 Mio I.E./Woche s. c. und eine topische intraanale Therapie mit Imiquimod-Suppositorien (2,5%) eingeleitet. Die Wundheilung des sekundär granulierenden perianalen Defektes verlief zeitgerecht. Diskussion: Die 1925 erstmals beschriebenen Condylomata acuminata gigantea (Buschke-Löwenstein) sind semimaligne virusinduzierte Tumore mit einem Entartungsrisiko von 30–50%. Von den Condylomata acuminata unterscheiden sie sich durch ihr invasives und infiltratives Wachstum. Die HPV Typen 6 und 11 werden vorwiegend in benignen Condylomata acuminata, die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 vor allem in Condylomata acuminata gigantea gefunden. Aufgrund der hohen Rezidivneigung besteht die Indikation zur Rezidivprophylaxe. Kontrollierte Studien fehlen aufgrund der niedrigen Inzidenz. Die meisten Publikationen (Einzelfallberichte und kleine Fallzahlen) propagieren die histologisch kontrollierte, großflächige chirurgische Resektion als effektive Therapie; alternativ wurden Erfolge unter langfristiger Immuntherapie mit Interferon-α 2a (als Monotherapie oder in Kombination mit der Operation) berichtet. Weitere Therapieoptionen sind Podophyllinlösung, 5-FU, Methotrexat und Bleomycin in Kombination mit Cisplatin und Radiotherapie. Unabhängig von der durchgeführten Therapie besteht eine hohe Rezidivquote mit einer Gesamtmortalitätsrate von 20%. Wir präsentieren den komplexen Behandlungsverlauf unserer Patientin und diskutieren die Therapieoptionen anhand der vorliegenden Literatur.