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DOI: 10.1055/s-2004-837342
Fallbericht einer protrahierten Reanimation bei Suizidversuch mit Amitriptylin
Hintergrund: Die Anzahl der infolge eines Suizids Verstorbener übersteigt bei weitem die Anzahl der Verstorbenen infolge von Verkehrunfällen. Betrachtet man dazu noch die Anzahl der Suizidversuche, so stellt dies ein nicht zu unterschätzendes gesellschaftliches Problem dar, wobei Amitriptylinvergiftungen zu den häufigsten Intoxikationen gehören. Im Folgenden möchten wir den Fall einer Patientin darstellen, die in suizidaler Absicht das 2,5fache einer letalen Dosis Amitryptilin zu sich genommen hatte und bei der es zu schwerwiegenden Komplikationen kam.
Kasuistik: Eine 49-jährige Patientin wurde nach einem beobachteten Suizidversuch durch Einnahme von ca. 50 Tabletten a 50mg Amitryptilin durch einen Rettungswagen vigilanzgestört (GCS: 8) ohne Notarztbegleitung, venösen Zugang und adäquatem Monitoring in ein Krankenhaus transportiert. Im Verlauf der sofort in Allgemeinanästhesie durchgeführten Magenspülung traten plötzlich schwerwiegende Komplikationen auf, die in eine protrahierte Reanimation mündeten: Bei ausgeprägten Elektrolytverschiebungen (Na+: 129 mmol/l, K+: 3,28 mmol/l, Gesamt-Ca: 1,78 mmol/l) sowie einer metabolischen Azidose (pH 7,23, HCO3: 17 mmol/l, Baseexzess von –8,7) kam es nach initialer Hypertonie zu Blutdruckkrisen mündend in eine schwere Hypotonie, pulslosen ventrikulären Tachykardien mit Übergang in Kammerflimmern. Nach mehrfacher Defibrillation, Magenspülung, Applikation von Carbo medicinalis, Ausgleich der Elektrolyte und des Säure-Basen-Haushaltes sowie antiarrhythmischer Therapie stabilisierte sich die Patientin. Die toxikologische Untersuchung bestätigte die Intoxikation mit Amitryptilin, wobei die Serumprobe, die bei Aufnahme abgenommen wurde, einen Serumspiegel von 2500µg/l zeigte (ther. Bereich: 50–300µg/l). Die Patientin konnte nach 5-tägiger intensivmedizinischer Therapie entlassen werden.
Schlussfolgerung: Aufgrund der potenziellen schweren Komplikationen dieser Intoxikation sind folgende Maßnahmen zu fordern: Notarzteinsatz, präklinische Anlage eines venösen Zuganges, kontinuierliches Kreislaufmonitoring, bei schwerer Intoxikation präklinische Magenspülung und Gabe von Aktivkohle nach vorheriger Intubation und Beatmung bei Somnolenz und Bewusstlosigkeit sowie kontinuierliche Defibrillationsbereitschaft. Auch stabile Patienten sollten wegen der möglichen kardialen und pulmonalen Komplikationen intensivmedizinisch überwacht werden.
Literatur: 1. Power BM et al. (1995) Clin Pharmacokinet 29: 154–171.