Einleitung: Das Long QT-Syndrom (LQTS) repräsentiert eine Gruppe kardialer Ionenkanal-Veränderungen mit daraus resultierender Neigung zu maligner Arrhythmogenität. Klinisch bedeutsam sind so genannte „Torsade de Pointes“-Kammertachyarrhythmien mit der Gefahr eines daraus resultierenden Kammerflimmerns. Das LQTS kann in ererbte und erworbene Formen unterteilt werden. Die Mehrheit der symptomatischen Ereignisse steht in Verbindung mit einer vermehrten Sympathikusaktivierung. Fallbericht: Bei der Patientin handelte es sich um eine 34-jährige, 110kg schwere Frau, die 8h nach einer ambulanten Sterilisations-OP einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten hatte und nach initial erfolgreicher Reanimation mit der Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie in unsere intensivmedizinische Behandlung kam. Anamnestisch waren neben Adipositas eine arterielle Hypertonie, eine Hyperlipoproteinämie und eine Entbindung vor 11 Wochen bekannt. Die Patientin hatte ihre antihypertensive Therapie mittels β-Blockade nicht weitergeführt. Eine Lungenembolie konnte computertomographisch ausgeschlossen werden. Im EKG zeigte sich jedoch eine Verlängerung der QT-Zeit. Aufgrund von Nachforschungen kristallisierte sich neben einer diesbezüglich positiven Familienanamnese eine bereits präoperativ bestehende, aber nicht delektierte QT-Verlängerung heraus. Es erfolgte eine sympathomimetische Abschirmung mittels β-Blockade. Im weiteren Verlauf war die Patientin im Rahmen von pflegerischen Maßnahmen mehrfach reanimationspflichtig. Die zugrunde liegende Rhythmusstörung entsprach dem Bild von Torsade de Pointes getriggertem Kammerflimmern. Durch Magnesium-Substitution, Defibrillation und Herzdruckmassage konnte das Kammerflimmern therapiert werden. Ein Overpacing über einen transvenös eingeschwemmten Schrittmacher erwies als nicht erfolgreich. Dennoch entwickelte die Patientin einen Herzinfarkt mit einer Akinesie der Hinterwand und verstarb nach 8 Tagen aufgrund einer dekompensierten Linksherzinsuffizienz. Schlussfolgerungen: Die Bedeutung des Long QT-Syndrom liegt in der Morbidität und Mortalität bei nicht erkannten oder insuffizient behandelten Patienten. Eine Gefahr für die Anästhesie liegt in der Induktion maligner Tachyarrhythmien bei asymptomatischen Genträgern. Aufgrund von neuen Untersuchungen ist die Prävalenz solcher Ionenkanal-Mutationen deutlich höher als bisher angenommen. Wie in unserem Fallbericht deutlich wird, ist für Patienten mit Long QT-Syndrom der perioperative Zeitraum eine Hochrisikophase. Literatur: P. D. Booker, S. D. Whyte and E. J. Ladusans: Long QT syndrome and anaesthesia. Br J Anaesth 2003; 90: 349–66