Handchir Mikrochir Plast Chir 2004; 36 - Vortrag_01
DOI: 10.1055/s-2004-862398

Koinzidenz von Skaphoidfraktur und skapholunärer Bandläsion

M Schädel-Höpfner 1, L Gotzen 1, G Böhringer 1
  • 1Marburg

Einleitung:

Nach den aktuellen Konzepten zu den Pathomechanismen der karpalen Instabilität stellen der posttraumatische skapholunäre Bandschaden und die Skaphoidfraktur sich ausschließende Verletzungen dar. Allerdings wurde diese Verletzungskombination wiederholt in Fallberichten beschrieben, zumeist bei Vorliegen einer perilunären Luxation. Da Röntgenuntersuchungen keine sichere Diagnosestellung der Bandverletzung zulassen, kommt arthroskopischen Befunden bei Skaphoidfrakturen eine besondere Bedeutung zu.

Fragestellung:

Kann nach einem Hyperextensionstrauma des Handgelenkes eine skapholunäre Bandläsion gleichzeitig mit einer Skaphoidfraktur vorliegen, obwohl diese Verletzungskombination den akzeptierten biomechanischen Konzepten des Karpus widerspricht?

Methode:

Retrospektive Analyse der Ergebnisse von 41 Handgelenkarthroskopien, die bei frischen Skaphoidfrakturen durchgeführt wurden. Die Arthroskopie erfolgte entweder im Rahmen einer arthroskopisch kontrollierten, minimal-invasiven Kahnbeinverschraubung oder primär diagnostisch bei Verdacht auf karpale Begleitverletzungen. Es handelte sich um 33 Männer und 7 Frauen; in einem Fall waren beide Hände betroffen. Das Durchschnittsalter lag bei 30 (19–73) Jahren. Bei 5 Patienten bestand neben dem Kahnbeinbruch eine distale Radiusfraktur. Die Einteilung der Skaphoid-Frakturen nach Filan und Herbert zeigte ein Überwiegen des Typs B2 mit 33 Fällen (zusätzlich 2x A2, 2x B1, 4x B3).

Ergebnisse:

Durch die Arthroskopie konnte in 17 von 41 Fällen ein skapholunärer Bandschaden nachgewiesen werden. Es handelte sich in 71% um dynamische und in 23% um prädynamische Instabilitäten, nur in einem Fall lag ein statischer Bandschaden vor. Die Therapie der Skaphoidfrakturen erfolgte in 27 Fällen durch perkutane Osteosynthese mittels kanülierter Schraube und in 6 Fällen durch offene Verschraubung. Acht Kahnbeinbrüche wurden konservativ behandelt. Die skapholunären Bandverletzungen wurden jeweils durch geschlossene, arthroskopisch und radiologisch kontrollierte Reposition und Bohrdrahttransfixation behandelt. Die Ausheilung der Skaphoidfrakturen verlief überwiegend unproblematisch, allerdings mussten zwei Pseudarthrosen (nach Verschraubung bzw. konservativer Therapie) registriert werden. In 5 Fällen verblieben radiologisch nachweisbare skapholunäre Instabilitäten (4x dynamisch, 1x statisch).

Schlussfolgerung:

Skapholunäre Bandläsionen stellen eine unerwartet häufige Begleitverletzung bei Kahnbeinbrüchen dar. Eine Fraktur schließt damit eine gleichzeitige ligamentäre Verletzung der proximalen Karpalreihe nicht aus. Im Rahmen der operativen Behandlung von Skaphoidfrakturen sollte das Vorliegen intrinsischer karpaler Bandläsionen mittels Handgelenkarthroskopie gezielt überprüft werden.