ZFA (Stuttgart) 2005; 81(4): 160-162
DOI: 10.1055/s-2005-836470
Kommentar/Meinung

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„The Street of Shame” - Private Medizin in Großbritannien

“The Street of Shame” - Private Medicine in Great BritainB. Sonntag1
  • 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. April 2005 (online)

Der staatliche Gesundheitsdienst

Medizin in Großbritannien - das ist zunächst einmal der staatliche Gesundheitsdienst: der National Health Service (NHS). Der NHS ist eine riesengroße, aus allgemeinen Steuergeldern finanzierte Organisation. In einer ganz groben Vereinfachung könnte man ihn auch als die einzige, allumfassende Krankenkasse des Vereinigten Königreiches bezeichnen. Jeder, der sich legal und dauerhaft im Lande aufhält, hat das Recht, Leistungen des NHS in Anspruch zu nehmen, egal ob er Steuern zahlt oder nicht.

Manche haben den NHS als „das letzte existierende sozialistische System” bezeichnet, was je nachdem positiv oder negativ gemeint sein kann.

Eigentlich ist im Prinzip so gut wie jede medizinisch halbwegs sinnvolle Leistung über den NHS erhältlich: Angefangen bei Paracetamol für Bagatellerrkankungen, über Empfängnisverhütung, Sterilisationen, Krankengymnastik, Raucherentwöhnung, bis hin zur Geschlechtsumwandlungs-Operation. Da die finanziellen Mittel des NHS aber begrenzt sind, müssen sie irgendwie rationiert werden. Der traditionelle Weg hierzu sind die Wartezeiten: Ein Patient mit chronischen Hüftschmerzen wartet erstmal mehrere Monate auf den ambulanten Termin beim Orthopäden, der ihn dann gegebenenfalls auf die Warteliste zur Gelenkersatz-OP setzt. Bis zum OP-Termin kann es dann noch einmal ein bis zwei Jahre dauern.

Fast alle britischen Ärzte arbeiten für den NHS: entweder als Angestellte oder - im Falle von Hausärzten - als selbständig tätige „Subunternehmer”.

Es gibt ein Grundprinzip: Ein Arzt, der einen Patienten im Rahmen des NHS behandelt, darf diesem Patienten während dieser Zeit keine Privatleistungen in Rechnung stellen.

Das ist die Regel - aber keine Regel ohne Ausnahmen.

Burkhard Sonntag

Abteilung für Allgemeinmedizin · Universitätsklinikum Düsseldorf

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