Zentralbl Gynakol 2005; 127(4): 207-212
DOI: 10.1055/s-2005-836524
Kongressbericht

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Systemische Therapie operabler Mamma-Karzinome

9. Internationale Konferenz St. Gallen 2005Systemic Therapy of Operable Carcinoma of the Breast9th International Conference St. Gallen 2005M. Kaufmann1 , W. Jonat2 , W. Eiermann3 , S. Costa4 , J. Hilfrich5 , F. Jänicke6 , M. W. Beckmann7 , D. Wallwiener8 , B. Gerber9 , A. Rody1 , A. Schneeweiß10 , U. Nitz11 , U. Köhler12 , G. von Minckwitz1 , 13
  • 1Universitäts-Frauenklinik, Frankfurt
  • 2Universitäts-Frauenklinik, Kiel
  • 3Rot-Kreuz Krankenhaus, München
  • 4Universitäts-Frauenklinik, Magdeburg
  • 5Henriettenstift Frauenklinik, Hannover
  • 6Universitäts-Frauenklinik, Hamburg
  • 7Universitäts-Frauenklinik, Erlangen
  • 8Universitäts-Frauenklinik, Tübingen
  • 9Universitäts-Frauenklinik, Rostock
  • 10Universitäts-Frauenklinik, Heidelberg
  • 11Univesitäts-Frauenklinik, Düsseldorf
  • 12Universitäts-Frauenklinik, Leipzig
  • 13GBG, Neu-Isenburg
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 July 2005 (online)

Die Diagnostik und Therapie primärer Mammakarzinome konnte in den letzten Jahren entscheidend verbessert werden. Aufgrund dieser Fortschritte kann heute, auch in Deutschland, eine deutliche Abnahme der Mortalität dieser Erkrankung beobachtet werden. Weltweit suchen Kliniker und Grundlagenforscher nach immer neueren diagnostischen Methoden und Therapien, so dass wir tagtäglich mit einer Flut an Informationen konfrontiert werden. Die Einschätzung und Bewertung dieser neuen Erkenntnisse, ebenso wie Fragen zu deren Umsetzung in die klinische Routine, machen regelmäßige und in immer kürzeren Abständen Expertentreffen notwendig.

Das Konsensus-Treffen in St. Gallen ist sicherlich eine der wichtigsten Konferenzen, bei der die diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweisen bei Frauen mit primärer Mammakarzinom-Erkrankung von renommierten, internationalen Experten überarbeitet und für einen internationalen Geltungsbereich definiert werden. Die Konferenz erweckt eine sehr große Aufmerksamkeit, nicht nur für in dieser Indikation praktizierende Ärzte, sondern auch für Grundlagenforscher und die pharmazeutische Industrie.

An dem diesjährigen 9. Konsensus-Treffen zur Behandlung primärer operabler Mammakarzinome haben über 4 200 Teilnehmer aus 81 Ländern teilgenommen, hiervon allein über 500 Teilnehmer aus Deutschland.

Ziele von St. Gallen-Konferenz 2005 waren:

eine Überarbeitung der Risikokategorien für eine bessere Einstufung der Patientinnen nach ihrem Rezidiv- bzw. Brustkrebs-assoziiertem Sterberisiko, ein Update zu den verfügbaren Therapieoptionen unter besonderer Berücksichtigung spezifischer Subgruppen und neuer Therapieansätze und die Vorbereitung eines aktuellen Konsensus über spezifische Therapieempfehlungen, welcher im Laufe des Jahres in einem hochrangigen Journal veröffentlich werden soll.

In zahlreichen Übersichtsreferaten wurden die derzeit verfügbaren Informationen zu den aktuell wesentlichen Themen der Mammakarzinom-Erkrankung in hervorragender Weise zusammengefasst. Am letzten Kongresstag wurden abschließend 29 Brustkrebsexperten (Tab. [1]) um ihre persönliche Einschätzung dieser Erkenntnisse und Stellungnahmen auf derzeit noch ungeklärte Fragen gebeten. Durch eine TED-Befragung konnte ein Querschnitt der Meinungen aller Panel-Mitglieder zu vorher erarbeiteten Fragen dem Publikum übermittelt werden.

Tab. 1 Teilnehmer des internationalen St. Gallen 2005 Panels und Teilnehmer des deutschen Panels Zürich 2005 internationales Panel deutsches Panel Chair: A. Goldhirsch (Schweiz/Italien);J. Glick (USA) K. Albain (USA)J. Bergh (Schweden)M. Castiglione-Gertsch (Schweiz)A. Costa (Italien)J. Cuzick (England)N. Davidson (USA)J. Forbes (USA)R. D. Gelber (USA)P. Goss (Kanada)J. R. Harris (USA)A. Howell (England)J. Ingle (USA)R. Jakesz (Österreich)J. Jassem (Polen)M. Kaufmann (Deutschland)M. Martin (Spanien)L. Mauriac (Frankreich)M. Morrow (USA)H. Mouridsen (Dänemark)M. Namer (Frankreich)M. Piccart (Belgien) (D. De Valeriola)K. Possinger (Deutschland)K. Pritchard (Kanada)E. Rutgers (Schweden)B. Thürlimann (Schweiz)G. Viale (Italien)A. Wallgren (Schweden)W. Wood (USA) M. W. Beckmann, ErlangenJ. Blohmer, BerlinS. Costa, MagdeburgW. Eiermann, MünchenK. Friese, München B. Gerber, RostockJ. Hilfrich, HannoverF. Jänicke, HamburgW. Jonat, KielM. Kaufmann, FrankfurtU. Köhler, LeipzigG. v. Minckwitz, FrankfurtU. Nitz, DüsseldorfA. Schneeweiß, HeidelbergD. Wallwiener, Tübingen

Ziel eines solchen Experten-Konsens kann es nicht sein, endgültige, nicht mehr revidierbare Empfehlungen abzugeben, Aspekte aller Länder und Gesundheitssysteme zu berücksichtigen, sowie sämtliche kontroversen Probleme zu lösen. Es kann nur ein Minimalkonsens auf internationaler Ebene resultieren, der dann aber als Grundlage für nationale Therapieempfehlungen, entsprechend der vorliegenden strukturellen Voraussetzungen und auch finanziellen Möglichkeiten, genutzt werden kann und soll. In Deutschland wurde diese Aufgabe seit mehreren Jahren von der Organkommission „Mamma” der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie übernommen (Die aktuellen Empfehlungen 2005 sind unter http://www.ago-online.de zu finden).

Gerade für Deutschland, wo die Bedeutung von Leitlinien für die sich zur Zeit etablierenden Brustzentren besonders groß ist, ist es wichtig, dass bei der Erarbeitung dieser internationalen Empfehlungen auch deutsche Gesichtspunkte Berücksichtigung finden. Dies konnte in diesem Jahr dadurch erreicht werden, dass deutsche Experten wichtige Übersichtsreferate hielten und im Konsensus-Panel (M. Kaufmann und K. Possinger) erfolgreich mitarbeiteten.

Für eine erste Einstufung der internationalen St. Gallener Empfehlungen bezüglich ihrer Übertragbarkeit auf deutsche Verhältnisse wurde eine Auswahl der relevantesten Fragen durch eine Gruppe deutscher Experten (Tab. [1]) beantwortet, die sich nach der Konferenz bei einem Advisory Board Meeting (auf Einladung von Sanofi-Aventis Pharma Deutschland) getroffen haben. Im Vergleich zu dem internationalen Panel zeigte sich hier eine deutlich größere Homogenität der Einschätzungen.

Im Folgenden berichten wir über die Abschlussdiskussion, die Ergebnisse der TED-Abstimmung und wagen einen Ausblick auf die sich hieraus ableitenden Empfehlungen. Unserer Ansicht nach kann von einer positiven Empfehlung ausgegangen werden, wenn die Zustimmung von mindestens 70 % aller Experten vorlag.

Literatur

  • 1 Goldhirsch A, Wood W C, Gelber R D. et al . Meeting highlights: updated international expert consensus on the primary therapy of early breast cancer.  J Clin Oncol. 2003;  21 3357-3365
  • 2 Kaufmann M, Minckwitz G von, Smith R. et al . International expert panel on the use of primary (preoperative) systemic treatment of operable breast cancer: review and recommendations.  J Clin Oncol. 2003;  21 2600-2608
  • 3 Kaufmann M. Preoperative (neoadjuvant) systemic treatment of breast cancer.  The Breast. 2005;  14 (Suppl 1) 29
  • 4 Howell T.. On behalf of the ATAC Trialist' Group .The ATAC trial in postmenopausal women with early breast cancer - updated efficacy results based on a median follow-up of 5 years. SABCS 2004; 1
  • 5 Howell A, Cuzick J, Baum M. et al . Results of the ATAC (Arimidex, Tamoxifen, Alone or in Combination) trial after completion of 5 years' adjuvant treatment for breast cancer.  Lancet. 2005;  365 60-62
  • 6 Thuerlimann B. On behalf of the BIG 1-98 Collaborative Group. Letrozole versus tamoxifen as adjuvant endocrine therapy for postmenopausal women with receptor-positive breast cancer. BIG 1-98: A prospective randomised double-blind phase III study.  The Breast. 2005;  14 (Suppl 1) 4
  • 7 Coombes R C, Hall E, Gibson L J. A randomized trial of exemestane after two to three years of tamoxifen therapy in postmenopausal women with primary breast cancer.  N Engl J Med. 2004;  350 1081-1092
  • 8 Coombes R C, Hall E, Snowdon C F, Bliss J M. The Intergroup Exemestane Study: a randomized trial in postmenopausal patients with early breast cancer who remain disease-free after two to three years of tamoxifen - updated survival analysis. SABCS 2004; 3
  • 9 Jakesz R, Kaufmann M, Gnant M. et al. On behalf of the ABCSG and GABG .Benefits of switching postmenopausal women with hormone-sensitive early breast cancer to anastrozole after 2 years adjuvant tamoxifen: combined results from 3 123 women enrolled in the ABCSG Trial 8 and the ARNO 95 Trial. SABCS 2004; 2
  • 10 Kaufmann M, Jakesz R, Gnant M. et al . Benefits of switching postmenopausal women with hormone-sensitive early breast cancer to anastrozole after 2 years adjuvant tamoxifen: combined results from 3 123 women enrolled in the ABCSG Trial 8 and the ARNO Trial 95.  The Breast. 2005;  14 (Suppl 1) 81
  • 11 Goss P E, Ingle J N, Martino S. et al . A randomized trial of letrozole in postmenopausal women after five years of tamoxifen therapy for early-stage breast cancer.  N Engl J Med. 2003;  349 1793-1802
  • 12 Goss P E, Ingle J N, Martino S. et al .Updated analysis of the NCIC CTG MA.17 randomized placebo (P) controlled trial of letrozole (L) after five years of tamoxifen in postmenopausal women with early stage breast cancer. Proc ASCO 2004; 847: (abstract)
  • 13 Henderson I C, Berry D A, Demetri G D. et al . Improved outcomes from adding sequential Paclitaxel but not from escalating Doxorubicin dose in an adjuvant chemotherapy regimen for patients with node-positive primary breast cancer.  J Clin Oncol. 2003;  21 976-983
  • 14 Mamounas E P, Bryant J, Lembersky B C. et al .Paclitaxel (T) following doxorubicin/cyclophosphamide (AC) as adjuvant chemotherapy for node-positive breast cancer: Results from NSABP B-28. Proc ASCO 2003; 12: (abstract)
  • 15 Martin M, Pienkowski T, Mackey J. et al .TAC improves disease free survival and overall survival over FAC in node positive early breast cancer patients, BCIRG 001: 55 months follow-up. SABCS 2003; 43: (abstract)
  • 16 Roché H, Fumoleau P, Spielmann M T. et al .Five years analysis of the PACS 01 trial: 6 cycles of FEC100 vs. 3 cycles FEC100 followed by 3 cycles of docetaxel for the adjuvant treatment of node positive breast cancer. SABCS 2004; 27: (abstract)

Prof. Dr. med. M. Kaufmann

Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der J. W. Goethe Universität

Theodor-Stern-Kai 7

60596 Frankfurt am Main

    >