Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2005-858077
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Uveitis bei Sarkoidose im Kindesalter
Uveitis in Childhood SarcoidosisPublication History
Publication Date:
21 April 2005 (online)
Die Sarkoidose bleibt eine ungeklärte Multisystemerkrankung, die charakterisiert wird durch epitheloidzellige Granulombildung mit Riesenzellen ohne zentrale Nekrose (Verkäsung).
Die Erkrankung ist im Kindes- und Jugendalter zwar vergleichsweise selten, kann aber nahezu alle Organe betreffen. Obwohl die Granulombildung ein schlecht lösliches Antigen als Auslöser vermuten lässt, haben umfangreiche Studien weder chemische noch mikrobiologische Auslösemechanismen belegen können. Für eine genetische Disposition sprechen viele Untersuchungen. Trotz der unklaren Genese der Erkrankung deutet vieles darauf hin, dass der Sarkoidose eine immunologische Dysregulation zugrunde liegt. Erhöhte mRNA und Proteinexpression für Interleukin-12 und Interferon-γ bei gleichzeitig vermindertem Interleukin-4 weisen auf eine Th1-Reaktion hin [6]. Dies wird durch die Akkumulation von T-Lymphozyten (CD4 +) und Monozyten unterstützt, die eine aktive Rolle im Entzündungsgeschehen an Lunge, Gelenk, Haut und Auge spielen [7]. Die ersten Fallberichte bezogen sich auf ältere Kinder und Jugendliche mit Lymphknoten- und Lungenbefall. Nach den wenigen bisher publizierten pädiatrischen Studien beginnt die Sarkoidose bei 3 - 15 % bereits im Kindesalter, davon betreffen etwa 70 % das Säuglings- und Kleinkindalter [3].
Die häufigste Manifestation der Sarkoidose im frühen Kindesalter stellt die Kombination von Arthritis, Uveitis und Exanthem dar. Weitere Symptome umfassen Fieber sowie Leber- und Milzvergrößerung. Differenzialdiagnostisch ist dann die im Vergleich häufigere frühkindliche rheumatische Manifestation in Form der juvenilen idiopathischen Oligoarthritis oder die systemische Form (M. Still) abzugrenzen [5] - jener Morbus Still, der in der älteren ophthalmologischen Literatur oft mit kindlichem Rheuma gleichgesetzt wird, allerdings fast nie mit einer Uveitis assoziiert ist.
Während die Sarkoidose ab dem Schul- und Jugendalter ähnlich der Erwachsenenerkrankung verläuft, ist die diagnostische Unsicherheit im Kindesalter - angesichts fehlender Diagnosekriterien und einer sehr geringen Anzahl von publizierten Daten - noch größer als im Erwachsenenalter. Noch gravierender stellt sich das diagnostische Dilemma bei der ZNS-Sarkoidose dar, die in über der Hälfte der Erwachsenenfälle erst vom Pathologen diagnostiziert wird. Auch im Kindesalter präsentiert sich die Sarkoidose gelegentlich in überraschenden klinischen Konstellationen.
Der Nachweis einer granulomatösen Entzündung sollte auch am Auge stets den Verdacht für das Vorliegen einer Sarkoidose erwecken und hat höchste diagnostische Wertigkeit. Allerdings sind granulomatöse Endothelpräzipitate und Köppe-Knötchen unspezifische Hinweise, die u. a. auch bei Heterochromiezyklitis, granulomatösen Vaskulitiden sowie intraokularen Infektionen z. B. durch Viren der Herpesfamilie vorkommen. Im Erwachsenenalter kann die - im Gegensatz zu anderen Biopsielokalisationen - risikoarme Konjunktivalbiopsie bei ca. 50 % eine granulomatöse Entzündung nachweisen und damit einen wichtigen diagnostischen Hinweis bieten. Im Kindesalter ist dieses Vorgehen sowohl bez. des praktischen Vorgehens als auch der eingeschränkten Aussagekraft allerdings wenig hilfreich. Die in Tab. [1] von Petty vorgeschlagenen Diagnosekriterien können das differenzialdiagnostische Dilemma illustrieren, sind aber nicht validiert [2].
Tab. 1 Klassifikationskriterien der Sarkoidose bei Kindern mit Arthritis 2 1. histologischer Nachweis von nicht verkäsenden epitheloidzelligen Granulomen oder 2. posteriore Uveitis oder 3. mindestens zwei der folgenden Kriterien: - anteriore Uveitis - bilaterale Hiluslymphadenopathie - Erythema nodosum - generalisierte Hauterscheinungen vereinbar mit Sarkoidose
Faktoren, die den Verlauf der Erkrankung beeinflussen, sind nicht bekannt. Ebenso wenig ist es möglich zu erkennen, ob eine selbstlimitierende Variante - die keiner Behandlung bedarf - oder eine klinisch problematische, therapiebedürftige Verlaufsform vorliegt. Die Ophthalmologen sind in der privilegierten Lage, klinische Veränderungen direkt beurteilen zu können und damit einen wichtigen Baustein zur Diagnosefindung beizutragen.
Es ist erfreulich, dass sich im vorliegenden Heft der Klinischen Monatsblätter die Autoren Heinz et al. diesem wichtigen Krankheitsbild widmen [4].
In diesem Beitrag spiegelt sich die Problematik der Diagnosesicherung bei Sarkoidose mit Uveitis. Der Verlauf der Erkrankung mit drohender Visusminderung erfordert oft eine aggressive Immunsuppression. Dies setzt eine enge Kooperation zwischen Augenarzt und Kinderrheumatologen voraus.
Literatur
- 1 Agostini C, Meneghin A, Semenzato G. T-Lymphocytes and cytokines in sarcoidosis. Current opinion in pulmonary medicine. 2002; 8 435-440
- 2 Cassidy JT, Petty RE. Textbook of pediatric rheumatology. Philadelphia, W.B; Saunders Company 2001: 792
- 3 Hafner R, Vogel P. Sarcoidosis of early onset. A challenge for the pediatric rheumatologist. Clin Exp Rheumatol. 1993; 11 685-689
- 4 Heinz C, Steuhl K P, Heiligenhaus A. Uveitis bei Sarkoidose im Kindesalter. Klin Monatsbl Augenheilkd. 2005; 222 348-352
- 5 Lindsley C B, Petty R E. Overview and report on international registry of sarcoid arthritis in childhood. Curr Rheumatol Rep. 2000; 343-348
- 6 Moller D R. Cells and cytokines involved in the pathogenesis of sarcoidosis. Sarcoidosis Vasc Diffuse Lung Dis. 1999; 16 24-31
- 7 Pleyer U, Sengler C, Orlic N. et al .The tip of the iceberg: Current knowledge of uveitis in juvenile arthritis. Pleyer U, Mondino BJ Essentials in Ophthalmology. Uveitis and immunological disorders Berlin, Heidelberg; Springer 2004: 125-140
R. Keitzer
Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Email: Rolf.Keitzer@charite.de