Aktuelle Dermatologie 2005; 31(5): 187-188
DOI: 10.1055/s-2005-861103
Gasteditorial
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Fluoreszenzdiagnostik und Photodynamische Therapie

Fluorescense Diagnosis and Photodynamic TherapyP.  Lehmann1
  • 1Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin - Hautklinik, Helios Klinikum Wuppertal
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Publication Date:
25 May 2005 (online)

Hautkrebs ist nicht nur die häufigste Krebsart des Menschen, sondern verzeichnet in den letzten Jahrzehnten die größte Inzidenzzunahme aller Krebsarten. Direkt verantwortlich für diese Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist vor allem die Zunahme von epithelialen (so genannten Non-Melanoma) Hautkrebsformen, deren Häufigkeit sich zuletzt alle 7 bis 10 Jahre verdoppelt hat. So ist die Inzidenz epithelialer Hautkrebsarten in Deutschland für das Jahr 2000 mit 100 angegeben (80 000 Fälle insgesamt), man rechnet im Jahre 2010 mit einer Inzidenz von 200 (160 000 Fälle insgesamt). Die beiden wichtigsten epithelialen Hautkrebsarten sind das Plattenepithelkarzinom und das Basalzellkarzinom. Eine besondere Bedeutung kommt hier Vorstufen (Präkanzerosen) vor allem für das Plattenepithelkarzinom zu. Man ist heute überwiegend der Meinung, dass aktinische Präkanzerosen bereits als echte Karzinome im Frühstadium (Carcinoma in situ) anzusehen sind. Auch wenn dieses Frühstadium einen biologisch oft benignen Verlauf hat, herrscht Einigkeit darüber, dass Patienten mit zahlreichen aktinischen Keratosen optimal fachärztlich betreut und versorgt werden müssen, um das Zustandekommen von potenziell metastasierenden Plattenepithelkarzinomen zu verhindern. Zu der optimalen Betreuung gehört selbstverständlich ursächliche Faktoren möglichst auszuschalten, wobei die UV-bedingte Karzinogenese mittlerweile eindeutig belegt und als wesentliche Ursache für die explosionsartige Zunahme von Hautkrebs genannt werden muss. UV-Strahlung gilt als der heute best untersuchte Umweltfaktor und stellt ein komplettes Karzinogen dar. Einerseits spielt hier die DNS-Schädigung der Keratinozyten eine wesentliche Rolle, andererseits die gerade in den letzten Jahrzehnten bestens erforschte Immunsuppression durch die Sonnenstrahlung (photoimmunologische Wirkung). Neben der UV-Strahlung spielen selbstverständlich auch andere Faktoren eine wichtige Rolle, jedoch quantitativ im wesentlich geringeren Ausmaß: Röntgenstrahlen (Strahlenkeratosen), Arsen (Arsenkeratosen), HPV-Infektionen (bowenoide Papulose). Nimmt man die ständige Zunahme des epithelialen Hautkrebses, die demografisch absehbare Zunahme des Durchschnittsalters der Bevölkerung sowie die potenziell lebensbedrohliche Natur dieser Krebsarten gemeinsam ins Blickfeld, so ergibt sich eine gewaltige gesundheitspolitische Aufgabe. Methoden zur frühzeitigen Diagnostik und Therapie epithelialer Hauttumoren geraten somit in das Zentrum des Interesses und müssen mit großer Dynamik entwickelt werden. Ziel dieser Entwicklungen sollte eine möglichst hohe Sicherheit der Wirkung sowie ein optimales kosmetisches Ergebnis sein.

Eine weitere zunehmende Population, die sehr hoch von epithelialen Hautkrebsarten betroffen wird, sind organtransplantierte Patienten. Im Jahr 2000 wurden in der Bundesrepublik Deutschland 3273 viszerale Organe transplantiert. In Deutschland leben zur Zeit etwa 70 bis 80 Tausend transplantierte Patienten. Unter der lebenslangen Immunsuppression konnte man die Überlebenszeit deutlich verlängern, jedoch stieg parallel zur gesteigerten Überlebenszeit die Inzidenz von Hauttumoren explosionsartig an. Innerhalb der ersten 5 Jahre treten bei 40 % der Patienten maligne und prämaligne Hautveränderungen auf. Auch für diese Patientenpopulation sollten optimale Therapieoptionen zur Behandlung der potenziell lebensbedrohlichen Hauttumoren Anwendung finden.

Aufgrund der genannten Begebenheiten ist es außerordentlich erfreulich, dass in den letzten Jahren mehrere Therapieoptionen zur Behandlung oben genannter Tumoren entwickelt wurden. An erster Stelle ist hier die photodynamische Therapie zu erwähnen, der dieses Themenheft gewidmet wird. Ein großer Vorteil dieser Therapieoption ist, dass sie mit geeigneter Technik auch zur Diagnostik von Hauttumoren verwendet werden kann. Weitere Neuerungen, die jedoch bislang nur für die Behandlung von Basalzellkarzinomen eine offizielle Zulassung erhalten haben, sind Therapieoptionen mit Immunmodulatoren, beispielsweise Imiquimod (Aldara®).

Diese neuen und experimentellen Therapiestrategien müssen im Vergleich mit altbewährten Methoden, wie der Kryotherapie, Kürettage, topische 5-FU-Behandlung, Dermabrasion, chemisches Peeling, Laser und schließlich auch der Exzision evaluiert werden. Möglicherweise und wahrscheinlich ist nicht eine Therapieoption immer und für jeden Patienten die beste, sondern je nach Alter, Lokalisation und Stadium der Läsion eine bestimmte auszuwählende oder sogar eine Kombinationstherapie als optimal zu bezeichnen. Die Kunst der Betreuung dieser Patienten, die ja meistens ganz zahlreiche Veränderungen aufweisen, wird hierin bestehen, das optimale Verfahren, das im Einzelfall für den Patienten am geeignetsten ist auszuwählen und anzuwenden. Genauso wichtig wird auch sein, jeweils die Grenzen der Methoden genau zu untersuchen, um ungeeignete Indikationen zu vermeiden.

Im folgenden Heft haben deutschsprachige Experten auf dem Gebiet der Fluoreszenzdiagnostik und photodynamischer Therapie zu verschiedenen Themenbereiche dieser hochinteressanten und innovativen neuen Technik in der Dermatologie zusammenfassende State of the Art-Artikel verfasst.

Das Themenheft beginnt mit einer Ausarbeitung der Historie der photodynamischen Therapie, die eine sehr wechselvolle Entwicklung in den letzten 100 Jahren genommen hat. Darauf folgt ein Beitrag von Herrn Priv.-Doz. Fritsch zu den Grundlagen dieser Therapieformen, die ja eine Verquickung zwischen Biochemie und Strahlenphysik mit sich bringt. Ein wesentlicher Aspekt wird von Dr. Neumann et al. bearbeitet, der sehr wesentlich bei der Betreuung von Patienten während der photodynamischen Therapie ist, nämlich die Photosensibilisierung und Photoprotektion. Von Dr. Mortazawi et al. wurde der gegenwärtige Stand der Fluoreszenzdiagnostik zusammenfassend dargestellt. Es folgen dann Beiträge zur praktischen Indikation der photodynamischen Therapie bei Hauttumoren (Dr. Radakovic et al. und Dr. Beier et al.).

Ein ganz neues Feld der PDT, nämlich die Behandlung entzündlicher Dermatosen, wird anschließend von Frau Dr. Karrer zusammenfassend dargestellt.

Abschließend kommen 2 Gründungsmitglieder der Europäischen Vereinigung der PDT-Forschung (Euro-PDT) zu Wort. Der Präsident dieser Vereinigung Prof. Lasse Braathen stellt insgesamt den gegenwärtigen Stand und die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten dieser Therapieform dar und Alexander Sideroff stellt die Schwerpunkte der Euro-PDT sowie die verschiedenen Zentren in Europa mit deren Aktivitäten vor.

Insgesamt glaube ich, dass wir ein hoch interessantes Themenheft gestalten konnten, und ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Autoren für ihre Mitarbeit bedanken in der Hoffnung, dass die Leser mit hohem Gewinn sowohl interlektuell als auch für die Praxis dieses vorliegende Heft lesen werden.

Prof. Dr. med. Percy Lehmann

Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin - Hautklinik, Helios Klinikum Wuppertal

Arrenbergerstraße 20 · 42177 Wuppertal ·

Email: plehmann@wuppertal.helios-kliniken.de

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