Hintergrund: Radiatio eignet sich zur Behandlung benigner proliferativer Erkrankungen und hat
sich seit der Erstbeschreibung vor rund 10 Jahren auch als Möglichkeit zur Verringerung
Intimaler Hyperplasie nach Stentimplantation erwiesen. Diese tritt sowohl bei koronarem,
als auch bei peripherem Einsatz häufig auf. Andere vielversprechende Methoden wie
medikamentös beschichtete Stents stehen gegenwärtig im Mittelpunkt des Interesses,
jedoch bleibt die endovaskulare Brachytherapie, besonders da Langzeitergebnisse neuer
Methoden fehlen, aktuell. 186-Rhenium als Isotop zur Stentbeschichtung zu evaluieren
war Ziel dieser Studie. Zum einen spielen Strahlungsparameter, zum anderen physikalische
Eigenschaften bei der Beschichtung eine Rolle. Da ß-Strahlung im Bereich von wenigen
Millimetern einen großen Teil der Energie abgibt, liefert diese Untersuchung auch
Daten für den Einsatz in großlumigen Gefäßen. In der Atheroskleroseforschung und zur
Evaluation interventioneller Methoden hat sich das Schwein als geeignetes Modell bewiesen.
Methoden: In dieser Studie wurden 17 Göttingen Minipigs mit jeweils 2 peripheren und 2 Koronarstents
in den Aa. caroticae und in RIVA und RCX behandelt. Die Gefäßschädigung als Proliferationsreiz
erfolgte im Falle der Karotiden durch Denudation, im Koronargefäß durch Überdehnung.
Die Aktivitäten der Stents betrugen im Mittel 10,86 MBq im RIVA, 17,77 MBq im RCX
und 10,67 MBq, 77,56 MBq, sowie 136 MBq in den Karotiden. 8 Wochen post interventionem
erfolgte eine Angiographie. Nach weiteren 4 Wochen wurden die Präparate entnommen.
Es wurden morphometrische und histopathologische Untersuchungen durchgeführt.
Ergebnisse: Die Intimafläche zeigte im RIVA keine Unterschiede, im RCX zeigten die bestrahlten
Gefäße eine deutlich vermehrte Neointima. Ähnlich fand sich in der mittleren Dosisgruppe
der Karotiden eine vermehrte Intimafläche. Die Adventitiadicke, ein Maß für fibrotischen
Umbau, war in den bestrahlten Koronargefäßen deutlich größer. Hiermit korrelierten
auch die Ergebnisse der peripheren Stents. Die Anzahl der Zellkerne/cm2 in der Tunica media nahm durch Bestrahlung der Koronarien signifikant ab. In den
Karotiden war einzig die Zellzahl der Hochdosisgrupe signifikant erniedrigt. Der als
Entzündungsparameter verwendete Inflammation score war in den bestrahlten RIVA höher
als in der Kontrolle. Alle bestrahlten Karotiden zeigten eine vermehrte Entzündung.
Die Angiographie ergab für den über die Stentstrecke gemittelten Durchmesser weder
in den Koronargefäßen, noch in den Karotiden signifikante Unterschiede. Allerdings
war der wichtigste angiographische Parameter, der minimale Lumendurchmesser (MLD),
nach Bestrahlung signifikant niedriger.
Schlussfolgerungen: Angiographisch zeigte sich nach Radiatio in der Stentmitte ein positiver Effekt im
Sinne eines größeren durchgängigen Lumens. Allerdings fand sich eine vermehrte Stenose
an den Stentenden. Diese Beobachtung wurde auch bei der Verwendung von 32-Phosphor,
sowie 188-Rhenium gemacht. In der Kaninchenaorta, einem Gefäß, in welchem sich eine
signifikante Läsion induzieren lässt, zeigte sich dieser Effekt nicht. Da die Restenose
in der Kontrolle sehr gering ausgeprägt war, wurde hier eher der gefäßschädigende
Einfluss der Bestrahlung erfasst. Es zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede
im Reaktionsmuster der peripheren und der koronaren Gefäße.
Die im vorliegenden Versuch verwendeten Strahlendosen waren nicht in der Lage, gegenüber
der Kontrollgruppe nachhaltig die intimale Hyperplasie zu reduzieren. Eine ideale
Dosis-Rate, sowie die richtige Gesamtdosis müssen also noch gefunden werden.