Rofo 2005; 177 - S3_1
DOI: 10.1055/s-2005-863987

Beobachtung nichtlinearer Wellenausbreitung mittels MR Elastographie

D Klatt 1, U Hamhaber 2, J Braun 2, M Taupitz 1, I Sack 1
  • 1Institut für Radiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
  • 2Institut für Medizinische Informatik, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Synopsis: In der dynamischen MR Elastographie (MRE) wird die lineare Schersteifigkeit anhand der Wellenlänge von Gewebeschwingungen detektiert. Dahingegen bietet die Analyse anharmonischer Oszillationen die Möglichkeit, nichtlineare Elastizitätsparameter zu bestimmen, die für die Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften biologischen Gewebes von großem Interesse sind. In der aktuellen Studie soll anhand verschiedener Phantome gezeigt werden, wie höherharmonische Oszillationen in der MRE detektierbar sind. Nichtlineare 2D MRE Experimente wurden an einem homogenen und an einem heterogenen Phantom, sowie an einem ex vivo Leberpräparat durchgeführt. Letzteres zeigte sich als starker Generator nichtlinearer Vibrationen. Daraus ergibt sich die Perspektive, mittels nichtlinearer MRE Untersuchungen zu zirrhotischen Veränderungen der Leber durchzuführen.

Einführung: In der MRE werden niederfrequente Scherwellen (50–500Hz) angeregt, um deren Propagation durch Weichteilgewebe zu detektieren [1]. In einem monofrequent angeregten Material kommt es zur Ausbildung von höherharmonischen Frequenzen, die auf eine nichtlineare Spannungs-Dehnungs Beziehung des Materials zurückgehen [2]. Der Einsatz von Bewegungskodiergradienten in der MRE ermöglicht die Visualisierung der Wellenbilder einer höherfrequenten Oszillation durch die Akkumulation von Phasenkontrasten im MRI Signal [1]. Die Amplituden solcher höherfrequenten Oszillationen geben Aufschlüsse über die intrinsischen, nichtlinearen elastischen Eigenschaften des Materials [2].

Methoden: Nichtlineare 2D MRE Experimente wurden in einem 1.5 T Siemens Sonata Scanner durchgeführt. Die Messungen wurden an einem homogenen Phantom aus 1% Agarose Gel (Abb. 1a), an einem heterogenen Phantom aus 1% Agarose Gel im oberen Bereich und 0.5% Agarose Gel im unteren Bereich (Abb. 1b), sowie an einer in Agarose (1%) eingegossenen 1cm dicken Schweineleber durchgeführt (Abb. 1c). Die Anregungsfrequenz in den Phantomen mit reiner Agarose betrug 166Hz, wobei die 3te Harmonische (500Hz) detektiert wurde. Im Leberphantom wurde die 2te Harmonische von 200Hz kodiert.

Ergebnisse: Nichtlineare Wellenphänomene wurden in allen Experimenten beobachtet. Höhere harmonische Oszillationen waren stets detektierbar (Abb. 1a/b/c). Ihre Amplituden steigen mit der Entfernung bis zu einer charakteristischen Distanz („Schock-Distanz“) an, ehe sie aufgrund viskoser Eigenschaften des Materials abnehmen. Wie man in Abb. 1a/b sieht, bewirken unterschiedliche Steifigkeiten nicht nur unterschiedliche Wellenlängen, sondern auch unterschiedliche Amplituden der Oszillationen. Die Leber hat einen starken Einfluss auf die nichtlineare Scherwellenausbreitung (Abb. 1c). Die Auslenkungsamplitude ist in Leberumgebung größer als oben in der Nähe des Anregungsstempels.

Abb. 1: Nichtlineare MRE Experimente mit Scherwellenanregung.

a: homogenes Agarose-Phantom (1%); Anregungsfrequenz fy =166.67Hz, Kodierfrequenz fG=500Hz (3te Harmonische). b: heterogenes Agarose-Phantom (oben 1%, unten 0,5%); fy =166.67Hz, fG=500Hz (3te Harmonische). c: in Agarose (1%) eingegossenes Leberpräparat; fy=200Hz, fG=400Hz (2te Harmonische). Eine erhöhte Amplitude in der Leberumgebung ist sichtbar.

Diskussion: Anhand von Agarose-Phantomen konnte demonstriert werden, dass die MR Elastographie eine sensible Methode zur Detektion nichtlinearer konstitutiver Materialeigenschaften ist. Die Amplitudenzunahme der höheren harmonischen Oszillationen bis zur „Schock-Distanz“ (Abb. 1a/b) zeigt, dass das nichtlineare Materialverhalten eine den viskosen Eigenschaften gegenläufige Wirkung hat. Daraus könnte sich für spätere in vivo Untersuchungen die Möglichkeit ergeben, fokale Gewebeveränderungen zu detektieren. Die erhöhte Amplitude der nichtlinearen Schwingung in der Umgebung der Leber (Abb. 1c) lässt den Schluss zu, dass die Leber ein Generator nichtlinearer Oszillationen ist. Damit eröffnet sich die Perspektive, die Leber anhand ihrer nichtlinearen Eigenschaften zur Bestimmung zirrhotischer Erkrankungen zu charakterisieren.

Literatur: [1] R. Muthupillai, D. J. Lomas, P. J. Rossman, J. F. Greenleaf, A. Manduca, R. L. Ehman, Magnetic resonance elastography by direct visualization of propagating acoustic strain waves, Science 1995, 269:1854–1857.

[2] I. Sack, C. K. McGowan, A. Samani, C. Luginbuhl, W. Oakden, D. P. Plewes, Observation of non-linear shear wave propagation using magnetic resonance elastography, Magnetic Resonance in Medicine, 2004, in press