Rehabilitation (Stuttg) 2006; 45(2): 102-109
DOI: 10.1055/s-2005-867048
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rehabilitation, sozialmedizinische Beurteilung und Beratung bei HIV-infizierten Patienten

Rehabilitation, Social Medical Evaluation and Counselling in HIV-Infected PatientsK.-D.  Kolenda1 , C.  Hoffmann1
  • 1Ostseeklinik Schönberg-Holm, Fachklinik für Rehabilitation und Prävention, Schönberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. März 2006 (online)

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Zusammenfassung

Es wird ein stationäres Rehabilitationsprogramm für Patienten mit einer HIV-Infektion in einer internistisch-orthopädischen Rehabilitationsklinik beschrieben, in der seit Anfang der 90er-Jahre ca. 1200 HIV-Infizierte behandelt wurden. Auf der Basis einer internistisch-orthopädischen Diagnostik gehören zu diesem Programm insbesondere Maßnahmen zur Complianceförderung hinsichtlich der eingeleiteten antiretroviralen medikamentösen Therapie, die Motivation der Patienten zu einer regelmäßigen moderaten Bewegungstherapie, eine gezielte Ernährungsberatung und von psychologischer Seite das Angebot, Maßnahmen zur Entspannung und Stressbewältigung zu erlernen, an einem Nichtrauchertraining teilzunehmen und bei Depressionen und Angstzuständen psychotherapeutische Einzelgespräche wahrzunehmen. Des Weiteren werden allen HIV-infizierten Patienten individuelle Beratungen über ihre Erkrankung und erforderliche Veränderungen des Lebensstils angeboten. Schließlich gehört eine sozialmedizinische Beurteilung und Beratung zum Programm. Da die große Mehrzahl der Patienten sich noch im Berufsleben befindet oder altersmäßig dafür infrage kommt, steht dabei die berufliche Leistungsbeurteilung mit der eventuellen Einleitung von Berufsförderungsmaßnahmen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) im Vordergrund. In unserer Klinik betrug der Anteil der Patienten, die ihre letzte berufliche Tätigkeit voll ausüben konnten, zuletzt 70 %, der Anteil von Patienten mit Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente lag nur noch bei 10 %. Aufgrund unserer Erfahrungen ist die Aussage, wonach Rehabilitationsleistungen bei Patienten mit einer AIDS-Erkrankung wegen fehlender Erfolgsaussicht nicht in Betracht zu ziehen sind, nicht mehr zeitgemäß. Wegen der Erfolge der antiretroviralen Kombinationstherapie seit 1997 sind heute viele Patienten mit einer fortgeschrittenen HIV-Infektion in der Lage, ihre bisherige berufliche Tätigkeit noch lange Zeit weiterzuführen, wenn sie die notwendige medizinische und psychosoziale Unterstützung erhalten.

Abstract

An inpatient rehabilitation programme for HIV-infected patients is described. Since the early nineties some 1200 patients with HIV infection have been treated in our internal and orthopaedic rehabilitation clinic. Beside internal and orthopaedic diagnostics, supporting compliance with antiretroviral therapy, motivating the patients for regular moderate exercises and specific nutritional counselling are major issues of the programme. From the psychological point of view, the patients are offered to aquire relaxation and stress coping techniques, to take part in non-smoking courses and to use individual psychological counselling in case of depression or panic. In addition, all HIV-infected patients are offered individual advice on their disease and necessary changes in lifestyle. Finally, the programme includes social medical evaluation and counselling. As the majority of the patients are still working or are of working age, evaluating the capacity for work and potential introduction of occupational rehabilitation measures are prominent. Almost 70 percent of the HIV-infected patients who had been treated in our clinic over the last few years were fully capable of returning to their previous occupation. Our experiences demonstrate that statements such as rehabilitation of AIDS patients being useless because of its missing prospects of success, are not up-to-date any longer. Since introduction of combination antiretroviral therapy many patients with HIV infection are able to return to their previous occupation if they receive the necessary medical und psychosocial support.