Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(24): 1485-1490
DOI: 10.1055/s-2005-870843
Originalien
Pharmakologie/Allgemeinmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Arzneimittelberatung für Patienten - Bedarfsanalyse, Evaluation und Einfluss auf die Compliance[1]

Drug information for patients - unmet needs, evaluation and influence on the complianceU. Maywald1 , C. Schindler1 , Y. Bux1 , W. Kirch1
  • 1Institut für Klinische Pharmakologie, Technische Universität Dresden
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Publikationsverlauf

eingereicht: 25.1.2005

akzeptiert: 12.5.2005

Publikationsdatum:
08. Juni 2005 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Ein großer Teil der Patienten ist nur unzureichend über die eigene Medikation informiert und hat Bedarf an Arzneimittelinformation. Im Folgenden werden Daten aus 3 Jahren Laufzeit eines Arzneitherapieinformationsdienstes vorgestellt. Insbesondere werden die Ergebnisse hinsichtlich eines Nutzens für Therapieerfolg, Patientensouveränität und Compliance evaluiert.

Patienten und Methodik: Im Rahmen des ersten unabhängigen Arzneitherapieberatungsdienstes für Patienten in Deutschland wurden alle Anfragen in 36 Monaten Projektlaufzeit analysiert. Jedem Patienten wurde nach dem Beratungsgespräch ein Fragebogen zur Evaluation der Beratung zugesandt. Die Daten wurden dokumentiert und mittels einer relationalen Datenbank ausgewertet.

Ergebnisse: Während der Projektlaufzeit wurden 3316 Anfragen registriert. Von den Anfragenden waren 66,2 % weiblich, 33,8 % männlich und die Mehrheit (64,5 %) über 65 Jahre. Die Fragen bezogen sich hauptsächlich auf Neben- und Wechselwirkungen von Arzneimitteln (26,6 %) sowie auf Informationen zum Nutzen und zur Durchführung einer spezifischen Therapie (27,2 %). Bei 81,0 % der Patienten wurde die Unsicherheit hinsichtlich der eigenen Medikation durch die Beratung verringert, 37,9 % diskutierten den Rat mit ihrem behandelnden Arzt und 18,3 % berichteten über eine Abnahme an Arztbesuchen aufgrund der Beratung. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient blieb nach der Beratung in 70,6 % unbeeinflusst. Eine verbesserte Compliance wurde bei mehr als der Hälfte der Patienten beobachtet, die angaben, ihre Medikamente nicht nach Vorschrift einzunehmen.

Schlussfolgerungen: Der Beratungsservice ist für Patienten in der Vermittlung von medizinischem Fachwissen zur eigenen Medikation sowie in der Vermittlung von Kompetenz für das Gespräch mit dem behandelnden Arzt effektiv. Wir beobachteten bei den Patienten ein indikationsübergreifendes Defizit an Arzneimittelinformation. Ein qualifiziertes pharmakotherapeutisches Beratungsangebot kann durch Informationsdefizite bedingte medizinische Folgeprobleme reduzieren und den Gebrauch von ambulant erbrachten Gesundheitsleistungen vermeiden. Beim individuellen Patienten wird das Vertrauen in die eigene Arzneimitteltherapie erhöht und dadurch die Compliance gefördert.

Summary

Background: Many German patients are only insufficiently informed on their own drug therapy. Therefore, they have unmet drug information needs. We report the three-year experiences with the first drug information service for patients in Germany. We evaluate the impact of the advice on outcomes, patient sovereignty and Compliance.

Methods: All inquiries to the project within 36 months were analysed. Every patient calling within the first 24 months got a questionnaire for evaluation after the advice. The data were documented and analysed using a relational database.

Results: We registered 3316 inquiries. 66.2 % of the callers were female and 33,8 % male. The majority (64.5 %) was older than 65 years. The questions were mainly related to adverse drug reactions and interactions (26.6 %) as well as to information on efficacy of specific therapies (27.2 %). In 81,0 % of the patients, uncertainties regarding their medication were reduced by the advice. 37,9 % of the callers discussed the advice with their physician and 18,3 % reported a decreased consultation frequency after the advice. The patient-physician-relationship was mainly unaffected after using the service. A better compliance was reported by more than the half of the callers affected by non-compliance at the time of the advice.

Conclusions: The drug information service for patients is effective in providing medical expert information to the patients regarding their own medication. Additionally, the interaction competence of the patients was strengthened. We observed a general drug information deficit. A qualified advice may reduce medical problems caused by information deficits and reduce the use of ambulatory care. At the individual patient, the trust in its pharmacotherapy was strengthened and the compliance improved.

1 Gefördert von den Spitzenverbänden der Gesetzlichen Krankenversicherungen im Rahmen des §65b des fünften Sozialgesetzbuches.