Pneumologie 2005; 59(7): 499-501
DOI: 10.1055/s-2005-870924
Workshop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

BAL im Tierexperiment unter besonderer Berücksichtigung induzierender und therapeutischer Aspekte in der ARDS-Forschung

P.-G.  Germann1 , D.  Häfner2 , L.  Wollin2
  • 1Department of Toxicology and Pathology, Preclinical Safety, Novartis Pharma AG, Basel, Schweiz
  • 2Department of Respiratory Pharmacology, Byk Gulden, Konstanz, Deutschland
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Publication Date:
27 July 2005 (online)

Das im Rahmen des 7. VPPRS-Workshops gehaltene Übersichtsreferat widmete sich den verschiedenen Bedeutungen und Anwendungen, die eine broncho-alveoläre Lavage sowohl im krankheits-induzierenden als auch experimentell-therapeutischen Einsatz bieten kann. Diese Ergebniszusammenfassung aus tierexperimentellen Untersuchungen zur Pathomorphologie und Pathophysiologie des akuten Atemnotsyndromes (ARDS) ist in 15 Publikationen [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] sowie ergänzenden unveröffentlichten Ergebnissen unter Auswertung von insgesamt 4528 Versuchstieren dokumentiert worden. Dabei dienten atmungsphysiologisch-biochemische Parameter (respiratorische Compliance, PaO2, PaCO2), radioaktiv-markiertes Surfactantmaterial (Substanzverteilung), histologische (H & E, Spezialfärbungen), immunhistologische (Anti-rSP-C-Antikörper) und transmissionselektronen-mikroskopische Untersuchungen sowie der konfokal-mikroskopische Nachweis von Fibrinogen in der Lunge als Untersuchungsparameter. Den klinisch-physiologischen und biochemischen Parametern wurde eine validierte pathomorphologische Analyse als zweite Beurteilungskomponente gegenübergestellt. Diese Ergänzung des pathogenetischen Verständnisses des experimentellen ARDS diente der Überprüfung von verschiedenen therapeutischen Effekten. Abb. [1] zeigt den Versuchsaufbau und die Untersuchungsparameter im Ratten-Lavagemodell.

Abb. 1 Versuchsaufbau und Untersuchungsparameter im Ratten-Lavagemodell.

Durch einen Vergleich mit anderen Tiermodellen wurde die Relevanz der gewählten Modelle für die human-klinische ARDS-Situation hinterfragt. Die eigenen Untersuchungen zum krankheits-induzierenden ARDS-Lavagemodell der Ratte zeigten eine gute Vergleichbarkeit der histopathologischen Sequenz mit der Frühphase des exsudativen Stadiums des humanen ARDS, allerdings in zeitlich geraffter Form. Dabei erwies sich die kodierte semiquantitativ-histopathologische Bewertung der pulmonalen Ödembildung, des Einstromes von neutrophilen Granulozyten und insbesondere der Bildung von hyalinen Membranen als eine dem menschlichen ARDS vergleichbare und valide Methode zur Beurteilung von Therapieeffekten (Abb. [2]).

Abb. 2 Zeitverlauf der histologischen Veränderung in der exsudativen Frühphase des ARDS im Ratten-Lavagemodell; Hyal. M.: Hyaline Membranbildung; Marg.: Margination und Einwanderung der neutrophilen Granulozyten in das Alveolargewebe; Edema: Interstitielles Lungenödem; Hemorrh.: Intraalveoläre Blutungen.

Die Reproduzierbarkeit der Versuchsergebnisse sowie die Stabilität gegenüber zusätzlichen, teilweise nicht beeinflussbaren Variablen belegen, dass das Ratten-Lavagemodell im Vergleich zum porcinen oder IRDS-Schaflamm-Modell ein valides ARDS-Modell darstellt. Im Vergleich zum Ratten-Lavagemodell ist das porcine ARDS-Modell methodisch aufwendiger, zeigt eine höhere Streuung, verbraucht mehr Surfactantsubstanz und die histologischen Parameter sind nicht so genau validiert. Prinzipiell ist aber eine gute Übereinstimmung des porcinen und des Rattenmodells mit der ARDS-Symptomatik des Menschen zu konstatieren.

Die Entwicklung einer Surfactantlavagetherapie soll die Mengenbelastung der Lunge durch Phospholipide senken und das Surfactant als Austauschmedium im ARDS-Geschehen positiv zur Geltung bringen. Die positiven Erkenntnisse zur Surfactant-Spültherapie in eigenen und fremden ARDS-Modellen deuten einen konzeptionellen Ansatz mit möglicherweise hohem therapeutischen Wert an (Abb. [3] u. Abb. [4]). Die Spültherapie ist substanzsparend, reduziert die Bildung von hyalinen Membranen (Abb. [5]) und zeigt eine noch bessere Verteilung von Surfactant und Wirkstoffen innerhalb der Lunge.

Abb. 3 und 4 Arterieller Sauerstoffdruck unter therapeutischer Lungenlavage mit (Abb. 3) und ohne (Abb. 4) Zusatz von Surfactant Apoprotein C.

Abb. 3 und 4 Arterieller Sauerstoffdruck unter therapeutischer Lungenlavage mit (Abb. 3) und ohne (Abb. 4) Zusatz von Surfactant Apoprotein C.

Abb. 5 Vergleich der Therapieeffekte einer Instillation und einer therapeutischen Lavage auf die Bildung von hyalinen Membranen. Der Score 0 bis 4 beschreibt den Schweregrad der hyalinen Membranbildung im histologischen Schnitt.

Die therapeutische Lavage entfernt die das Surfactant inhibierenden Plasmaproteine wie Fibrin (Abb. [6]), Komplement und die Entzündungszellen. Diese tierexperimentellen Erkenntnisse versprechen bei Einsatz in der klinischen ARDS-Situation des Menschen eine gute Wirkung.

Abb. 6 Confocalmikroskopische Darstellung des Fibrineinstromes in das Alveolarlumen während der exsudativen Frühphase des ARDS im Ratten-Lavagemodell.

Literatur

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