Krankenhauspsychiatrie 2005; 16(4): 144-148
DOI: 10.1055/s-2005-870994
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Sport- und Bewegungstherapie in der Psychiatrie

Sports and Physical Activity as a Treatment for Mental DisordersN.-U.  Neumann1 , K.  Frasch2
  • 1Donauwörth
  • 2Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bezirkskrankenhaus Günzburg, Abt. Psychiatrie II der Universität Ulm
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Publication Date:
02 January 2006 (online)

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Zusammenfassung

Sport- und Bewegungstherapie sind feste Bestandteile im Behandlungsangebot psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken. Auch im ambulanten Bereich werden entsprechende Methoden häufig angeboten. Zu den evidenzbasierten Therapien kann die Mehrzahl der verschiedenen Verfahren jedoch nicht gezählt werden. Nur für Dauerleistungstraining liegen kontrollierte Studien vor und diese wiederum beziehen sich fast ausnahmslos auf die Behandlung depressiver Störungen. Die Behandlungsmethode des Ausdauertrainings ist theoretisch durch neurobiologische Wirkmechanismen fundiert. Das bei entsprechenden tierexperimentellen Untersuchungen gefundene Phänomen der Zunahme neurotropher Faktoren (BDNF) und die damit einhergehende hippokampale Neurogenese, sowie das Phänomen des Anstiegs von Neurotransmitterkonzentrationen, machen klinische antidepressive Effekte erklärbar. Von gesicherten Ergebnissen, die das Ausdauertraining zu einer zuverlässigen, syndromgerichteten Therapie machen würden, kann jedoch noch nicht gesprochen werden. Alle anderen Verfahren, die unter den Bezeichnungen Sport- und Bewegungstherapie oder körperorientierte Therapie in der Praxis erscheinen, entbehren noch wissenschaftlicher Absicherung. Dabei soll nicht angezweifelt werden, dass gute Erfahrungen vorliegen und positive Wirkungen zu beobachten sind. Schlussfolgerung: Noch gibt es keine Richtlinien für den indizierten Einsatz körperorientierter Verfahren und deren Stellenwert im Behandlungsplan der diversen psychischen Erkrankungen ist nicht klar.

Abstract

Sports and physical activity are consolidated parts of the everyday life in in- and outpatient treatment facilities of mental hospitals although there is a lack of scientific evidence. Controlled studies only exist with regard to exercise training (running) predominantly dealing with depressive disorders. The exercise training method is based on sound neurobiological theories, e. g. the increase of neurotrophic factors and the associated hippocampal neuroneogenesis on the one hand and the increase of cerebral transmitters on the other which may be at least in part responsible for its mild antidepressive effects although there is no sufficient scientific evidence regarding physical activity as a specific therapeutic means. For any other method appearing under the „sports and physical activity”-headline, a considerable lack of scientific publications has to be stated. Although there are many positive experiences, no guidelines about indicated use of those methods can be established and their rank in the therapeutic plan of different mental disorders remains unclear.