Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V11
DOI: 10.1055/s-2005-871343

Einfluss der arteriellen CO2 Konzentration auf den regionalen zerebralen Blutfluss (rCBF), die zerebrale Oxygenierung (PtiO2) und den zerebrovaskulären Widerstand (CVR) beim neugeborenen Lamm

S Hien 1, M Kemmann 1, J Kerl 1, P Horn 2, O Leheta 2, T Schaible 1, W Nützenadel 1
  • 1Universitätskinderklinik
  • 2Klinik für Neurochirurgie, Uniklinik Mannheim, Mannheim, D

Fragestellung: Der systemischen, intraarteriellen Kohlendioxid (CO2) Konzentration kommt sowohl im Rahmen von Gasaustauschstörungen als auch als therapeutische Stellgröße der Vitalfunktion eine essentielle Bedeutung zu. Der Einfluss des CO2 auf die zerebrale Oxygenierung und Perfusion im Neugeborenenalter ist bis dato jedoch nicht ausreichend geklärt. Anliegen der vorliegenden Untersuchung war es daher, den Zusammenhang zwischen arterieller CO2 Konzentration, der zerebralen Durchblutungsregulation und Oxygenierung mittels eines multimodalen Ansatzes zu charakterisieren.

Methodik: Im Rahmen einer Studie zur Auswirkung von Veno-arterieller extracorporaler Membranoxygenierung (VA-ECMO) auf das hypoxische Gehirn beim neugeborenen Lamm wurde bei 10 analgo-sedierten und intubierten Lämmern die CO2-Reagibilität untersucht (mittleres Alter: 2 Tage, Sedierung mit Fentanyl- und Dormicum-DTI). Die stufenweise Anhebung des arteriellen CO2 (Bereich: 30–55mmHg; Schrittgröße 5mmHg) wurde durch Beatmungsmodifikation erreicht. Parallel erfolgte die simultane Erfassung des quantitativen, intraparenchymal gemessenen rCBF ([ml/100g/min]; Hemedex. Inc), des mittleren arteriellen Blutruckes (MABP [mmHg]), des intrakraniellen Druckes (ICP [mmHg], Codman, Inc.) und des intraparenchymalen Sauerstoffpartialdruckes ([mmHg], Licox). Anhand der erhaltenen Rohdaten wurde der CVR [CVR=CPP / CBF] ermittelt. Es erfolgte eine Varianzanalyse (ANOVA) mit post-hoc Testung (Tukey's B – Test; Signifikanz p<0.005).

Ergebnisse: Die Induktion der Hyperkapnie führte zu keiner signifikanten Veränderung des MABP. Der ICP und die lokale cerebrale Sauerstoffsättigung (ptiO2) zeigten keinen statistisch signifikanten Anstieg. Der rCBF erhöhte sich im Mittel vom Ausgangswert 28 + 12 (bei 30mmHg pCO2) auf 36 + 18 (bei 35mmHg), auf 49 + 28 (bei 40mmHg), auf 70 + 47 (bei 45mmHg; p<0.01), auf 99+ 67 (bei 50mmHg; p<0.01), sowie auf 125 + 85 (bei 55mmHg; p<0.01). Der CVR zeigte eine signifikante Abnahme bei 40mmHg, 45mmHg, und 50mmHg im Vergleich zum Ausgangswert 30mmHg; p<0.01).

Schlussfolgerung: Mittels intracerebralem Monitoring konnte aufgrund der Abnahme der CVR im Bereich der präkapillären Arteriolen eine Zunahme des rCBF beobachtet werden. Dies liegt über der bekannten physiologischen CO2– Reaktivität (3% Zunahme des rCBF / mmHg CO2). Dies deutet auf eine gesteigerte CO2– Reaktivität in der frühen Postnatalphase hin. Ein engmaschiges CO2-Monitoring zur Vermeidung von cerebraler Hyper-/ Hypoperfusion ist unabdingbar.