Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V17
DOI: 10.1055/s-2005-871350

Diagnostik des congenitalen zentralen Hypoventilationssyndroms (CCHS) durch Mutationsanalyse im PHOX2b Gen

H Prießmann 1, M Hammel 1, RA Mittal 1, A Holzinger 1
  • 1Dr. von Haunersches Kinderspital, München, D

Fragestellung: CCHS (Undine-Syndrom) ist eine Störung der Entwicklung des autonomen Nervensystems. Charakteristisch für dieses seltene Krankheitsbild ist eine alveoläre Hypoventilation und die Notwendigkeit der maschinellen Beatmung. Das CCHS stellte bisher eine Ausschlussdiagnose nach teils invasiver Diagnostik dar. Nach neueren Veröffentlichungen besteht eine starke Assoziation zwischen heterozygoten Mutationen im Polyalanin-Repeat des Exons 3 des PHOX2b Gens (PA-Repeat) und CCHS(1). Aufgrund des hohen GC-Gehalts kann es bei der PCR-Amplifikation des PA-Repeat zur Bevorzugung eines Allels kommen, wodurch die Nachweisbarkeit der Mutation erschwert wird(2). Ziel unserer Arbeit war es, eine zuverlässige Nachweismethode für Polyalanin-Expansionen im PHOX2b Gen zu entwickeln. Diese Methodik wurde in klinischen Proben von Patienten aus Deutschland angewendet.

Methodik: Wir erhielten Proben von 14 Patienten mit Verdacht auf CCHS. Die Verdachtsdiagnose war durch die betreuenden Ärzte gestellt worden und wurde anhand eines Fragebogens nach den Richtlinien der American Thoracic Society(3) evaluiert. Bei 7 Patienten konnte der Verdacht aufgrund des klinischen Bildes nicht bestätigt werden. Die anderen sieben Patienten mit klinisch gesichertem CCHS werden im Schlaf beatmet, etwa die Hälfte weist zusätzlich Symptome autonomer Dysfunktionen auf.

Die PCR-Amplifikation des PA-Repeats erfolgte in Acetatpuffer und 1,5 M Betain. Eine Gelelektorphorese (GE) wurde durchgeführt. Bei einer heterozygoten Mutation im PHOX2b Gen stellen sich die beiden Allele als Doppelbande dar, der Wildtyp (WT) erscheint als Einzelbande. Dies wurde bei jedem Patienten durch Fragmentlängenanalyse mit fluoreszenzmarkiertem Oligonokleotidprimer (FLA) bzw. Sequenzierung des kodierenden Abschnitts des Exon 3 verifiziert und die exakte Länge der Expansion erhoben.

Ergebnisse: Bei 6 der 7 klinisch gesicherten Patienten konnten Mutationen im PA-Repeat festgestellt werden. Eine genauere Klassifizierung erfolgte durch FLA, wobei eine neue 17 bp Deletion bei einem Patienten mit Aganglionose des gesamten Darms entdeckt wurde. Bei allen Patienten, die im Gelbild als WT in Erscheinung traten, konnte auch in der Sequenzierung des Exon 3 des PHOX2b Gens eine Mutation und somit auch ein Allelverlust bei der Amplifikation des PA-Repeats, ausgeschlossen werden. Es ist somit gelungen eine Methode zu entwerfen, die eine frühzeitige, nicht belastende Diagnosestellung ermöglicht.

Schlussfolgerung: Bei einem hohen Prozentsatz deutscher Patienten mit klinisch gesichertem CCHS ist die Mutation im PA-Repeats des PHOX2b Gens durch eine einfache Methode sicher nachweisbar. Eine Änderung der empfohlenen Diagnostik-Reihenfolge sollte erwogen werden. Die Betrachtung des CCHS als Ausschlussdiagnose ist nicht mehr zutreffend.

(1) Weese-Mayer et al. Am J Med Genet, 2003. 123A(3):267–278

(2) Matera, et al. J Med Genet, 2004. 41(5):373–380

(3) American Thoracic Society; Am J Respir Crit Care Med, 1999. 160(1):368–373