Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V19
DOI: 10.1055/s-2005-871352

Mikrozirkulatorische Parameter als frühe Infektionsindikatoren bei Frühgeborenen

K Weidlich 1, J Kroth 1, A Bauer 1, F Christ 1, O Genzel-Boroviczény 1
  • 1Klinikum der Universität München, München, D

Hintergrund: Sepsis gilt heute als Endothelerkrankung, bei der es durch Dysfunktion zu mikrozirkulatorischen Veränderungen kommt. Mittels orthogonal polarization spectral (OPS-) Imaging, einer Methode zur noninvasiven Untersuchung der Mikrozirkulationsparameter Erythrozytenfließgeschwindigkeit (RBC Vel), Funktionelle Kapilläre Dichte (FCD) und Gefäßdurchmesser (Dia), können diese Veränderungen bei Erwachsenen sichtbar gemacht werden. Auch bei Frühgeborenen kann damit die Hautmikrozirkulation erfasst werden.

Da sich neonatale Infektionen oftmals unspezifisch z.B. in Blässe oder verlängerter kapillärer Füllungszeit äußern, könnten mikrozirkulatorische Parameter als frühe Infektionsindikatoren dienen.

Fragestellung: Lässt sich mittels OPS-Imaging eine Veränderung der mikrozirkulatorischen Parameter während einer Infektion nachweisen? Stellt OPS-Imaging eine Methode zur Früherkennung neonataler Infektionen dar?

Methodik: Bei 25 Frühgeborenen (Gestationsalter 28 [26,18–27,58] SSW; Geburtsgewicht 900 [807,9–992,8] g) wurde RBC Vel, FCD und Dia im ersten Lebensmonat bestimmt. Die OPS-Imaging-Messungen wurden am Oberarm nahe der Axilla durchgeführt, die Bilder auf Videokassetten aufgenommen und off-line mittels CapiScope Software analysiert.

Ergebnisse: Wir beobachteten 17 echte Infektionen, bei denen entweder CRP oder IL-6 oder beide erhöht waren. Der Beginn der Antibiotikatherapie wurde als Tag 0 definiert, die Auswertung konzentrierte sich auf fünf Tage vor (d –5 bis d –1) und fünf Tage nach Infektionsbeginn (d +1 bis d +5).

In 9 Fällen bestätigte sich der Infektionsverdacht laborchemisch nicht (Pseudoinfektionen). Vier Kinder hatten während des ersten Lebensmonats keine Infektion.

Die FCD war bei der Infektionsgruppe an d –1 signifikant niedriger als an d –5 (231 [187–236] vs. 234 [190–257]; p=0,0127), aber nicht bei der Gruppe der Pseudoinfektionen (p=0,58). Bei der RBC Vel wurde kein signifikanter Unterschied zwischen d –5 und d –1 beobachtet. Die RBC Vel war während der Infektion reduziert, aber ohne statistische Signifikanz zu erreichen. (Mittelwert d –5 bis d –1: 306 [297–334]µm/s vs. Mittelwert d 0 bis d +5 280 [283–317]µm/s, p=0,2).

Alle Daten wurden als Median mit 95% Konfidenzintervall präsentiert.

Schlussfolgerung: Bei Infektionen zeigte sich ein signifikanter Abfall der FCD bereits einen Tag bevor die Infektion laborchemisch festgestellt werden konnte, im Gegensatz zu den „Pseudoinfektionen“, bei denen keine Veränderung vorlag. Damit wäre OPS-Imaging eine Möglichkeit früh nicht-invasiv nosokomiale Infektionen bei Frühgeborenen zu erkennen und könnte zu einer Reduktion von Blutabnahmen und Antibiotikagaben führen. Entscheidend sind aber nicht Absolutwerte der FCD, sondern tägliche intraindividuelle Vergleiche.