Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V94
DOI: 10.1055/s-2005-871425

Neonatales inkomplettes Kawasakisyndrom ein neues Krankheitsbild?

N Lorenz 1, T Haufe 2, M Kabus 1
  • 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
  • 2Institut für diagnostische und interv. Radiologie, Dresden, D

Einleitung: Wir berichten über ein Neugeborenes mit Herzinsuffizienz und Hinweisen für systemische Vaskulitis.

Fallbericht: Erster Lebenstag (LT): NG, 37 SSW, 3000g, primäre Sectio caesarea, pathologisches CTG, Apgar 8/8/8, NspH 7,11. Schwer krank, SpO2 85%, Tachypnoe, Hepatomegalie. Echokardiographie: schmaler Perikarderguß, biatriale und rechtsventrikuläre Dilatation, maximale Trikuspidalinsuffizienz, suprasystemischer RV-Druck, pulmonale Hypertension, Pulmonalinsuffizienz 40mmHg, RLS via Foramen ovale und kleinen VSD sonst Morphologie normal. Schmaler Pleuraerguß links. Verlauf: Ausschluss Infektion, Therapie mit CPAP, Infusion, Digoxin, Furesemid, Spironolakton. 3. LT: Echokardiographie: Perikarderguß zunehmend, Abgänge der Koronararterien (CA) 2,3mm weit, kugelig aufgetrieben, weit in Peripherie verfolgbar. Einen Tag später CA 2,8mm. EKG: ST-Hebung II, aVF, V4–7 (max. 0,3 mV), keine pathologischen Q-Zacken. Feinfleckiges stammbetontes Exanthem. Diagnose: Inkomplettes Kawasakisyndrom: Therapie: i.v. Immunglobulin 5g über 48 Stunden, Acetylsalizylsäure 10mg/d. Verlauf: klinische Besserung. 7. LT: Status epileptikus, EEG: Burst suppression. Therapie: Phenytoin. Schädelsonographie: Periventrikuläre Leukomalazie. MRT des ZNS: Multiple periventrikuläre Läsionen frontal, parietotemporal, Zeichen der Vaskulitis der Aa. callosomarginalis et posteriores,. Echokardiographie nach 4 Wochen normal. Thrombozyten am 22. LT >1000 Gpt/l, Kein Nachweis von ANA, pANCA, cANCA, Cardiolipin-AK, zirkulierenden Immunkomplexen, Gesamtkomplementaktivierung normal. Outcome: Statomotorisch, mental retardiert, spastische Zerebralparese, BNS-Anfälle, CA auffallend gut darstellbar, nicht sicher erweitert.

Diskussion: Die koronaren und zerebralen Veränderungen des Patienten sind mit dem Vorliegen eines inkompletten (nicht alle diagnostischen Kriterien erfüllt) Kawasakisyndroms (KD) vereinbar. Seit 1980 wurden lediglich fünf Fälle eines KD bei Neugeborenen publiziert, jedoch ist die Diagnose bei Neugeborenen auch für Experten erschwert(1). Bereits 1963 beschreiben Roberts et al. jedoch als infantile Polyarteritis nodosa (IPN) ein Neugeborenes mit Fieber, Exanthem, Rhinopharyngitis, das am 24. LT an nekrotisierender Arteritis verstarb(2). Während die Zahl der Publikationen von Fällen mit neonatalem KD seit 1980 zunehmen, sind seit 1995 keine Publikationen über IPN mehr erschienen.

Schlussfolgerung: Ein inkomplettes KD sollte bei entsprechender Symptomatik auch bei Neugeborenen in Betracht gezogen werden, Immunglobuline sind dann evtl. wirksam und verhindern bleibende Koronarveränderungen. Ob es sich dabei aber um ein neues Krankheitsbild handelt, kann bezweifelt werden.

1Pannaraj PS, et al. Failure to diagnose Kawasaki disease at the extremes of the pediatric age range. Pediatr Infect Dis J 2004;23:789–91.

2Roberts FB, Fetterman GH. Polyarteritis Nodosa In Infancy. J Pediatr 1963;63:519–29.