Rofo 2005; 177(8): 1173-1174
DOI: 10.1055/s-2005-871800-13
Mitteilungen der DRG
Radiologie und Recht
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Mitarbeiterbeteiligung am Liquidationserlös

Sören Kleinke1
  • 1Rechtsanwalt, Osnabrück
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Publication Date:
21 July 2005 (online)

 

Bei der Behandlung der Patienten wird der Chefarzt vom nachgeordneten Ärztlichen Dienst unterstützt. Diese Unterstützung kann entweder in der (Mit-)Behandlung des Patienten liegen oder darin, dass der Chefarzt von den übrigen Verpflichtungen zugunsten seiner liquidationsfähigen Tätigkeiten entlastet wird. Unter Mitarbeiterbeteiligung ("Pool") ist die Beteiligung der nachgeordneten Ärzte am Liquidationserlös der Leitenden Ärzte zu verstehen, den diese in Ausübung des ihnen vertraglich eingeräumten Liquidationsrechts, für wahlärztliche Leistungen gegenüber dem Wahlleistungspatienten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aus eigenem Recht zu liquidieren bzw. aufgrund der ihnen vom Krankenhausträger erteilten Nebentätigkeitserlaubnis, ambulante Selbstzahler oder nach Maßgabe einer Ermächtigung Kassenpatienten zu behandeln und hierfür zu liquidieren, oder in sonstiger Weise, wie z.B. bei der Anfertigung medizinischer Gutachten erzielt haben (Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 15 Rn. 20). Zweck der Mitarbeiterbeteiligung ist die Erhaltung einer insgesamt hochqualifizierten Ärzteschaft im Krankenhaus, die auch und gerade im Interesse des Chefarztes liegt.

Die ärztlichen Mitarbeiter haben aber im Regelfall - eine mögliche Ausnahme ist beispielsweise die Ermächtigung, die nach § 116 SGB V auch Oberärzten erteilt werden kann - kein eigenes Recht zur Liquidation. Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Mitarbeiterbeteiligung sind bundesweit sehr unterschiedlich geregelt, da es keine bundesgesetzliche Regelung gibt. Die Mitarbeiterbeteiligung ist teilweise in Landesgesetzen, im Berufsrecht und ggf. in den von Vertragsparteien vereinbarten Regelungen enthalten, um die nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter an dem Erlös für Leistungen, an denen sie unmittelbar oder auch nur mittelbar mitgewirkt haben, die sie aber nicht liquidieren können, zu beteiligen.

Eine Regelung der Mitarbeiterbeteiligung in den Landeskrankenhausgesetzen existiert derzeit nur in sechs Bundesländern, nämlich Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen. Diese weichen zudem teilweise sehr stark voneinander ab, sowohl was den Anwendungsbereich als auch die Regelungstiefe betrifft. So bezieht sich in einigen Bundesländern die Mitarbeiterbeteiligung nur auf stationäre Liquidationseinnahmen, während in anderen Bundesländern diese auch für die Liquidationserlöse aus ambulanter Tätigkeit und für Gutachtertätigkeiten gilt. Allen landesgesetzlichen Regelungen ist jedoch gemeinsam, dass diese keinen unmittelbaren Rechtsanspruch der ärztlichen Mitarbeiter gegen den Chefarzt begründen, weil Adressat der Regelungen in den Landeskrankenhausgesetzen allein der Krankenhausträger ist.

Auch die Berufsordnungen der Landesärztekammern beinhalten Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung, die als Berufspflicht des Chefartes normiert werden. Gemäß § 29 Abs. 3 S. 1 der Musterberufsordnung sind Ärzte, die andere Ärzte zu ärztlichen Verrichtungen bei Patienten heranziehen, denen gegenüber nur sie einen Liquidationsanspruch haben, verpflichtet, diesen Ärzten eine angemessene Vergütung zu gewähren. In § 29 Abs. 3 S. 2 MBO-Ä wird dies noch näher konkretisiert. Gemäß § 29 Abs. 3 S. 2 MBO ist dann, wenn angestellte Ärzte für liquidatonsberechtigte Ärzte abrechnungsfähige Leistungen erbringen, der Ertrag aus diesen Leistungen in geeigneter Form an die beteiligten ärztlichen Mitarbeiter abzuführen. Wesentlich konkreter ist beispielsweise die Regelung in der Berufsordnung der Landersärztekammer Niedersachsen. Gemäß § 29 Abs. 3 S. 3-5 der Berufsordnung der Landesärztekammer Niedersachsen erfolgt die Beteiligung nach vertraglicher Abmachung oder in Form einer Poolordnung. Bemessungsgrundlage für die Mitarbeiterbeteiligung ist der Liquidationserlös vermindert um gesetzliche und vertragliche Abzüge. Die Beteiligung beträgt mindestens 20% und mindestens 50%, wenn die liquidationsfähigen Leistungen vom Mitarbeiter auf Dauer überwiegend selbst erbracht werden.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte in einer jüngeren Entscheidung (Urt. v. 25.09.2003 - 8 K 3109/00) in einem Normenkontrollverfahren diese Regelungen für nichtig erklärt. Dies erfolgte allerdings allein aus formalrechtlichen Gründen, weil nämlich in dem entsprechenden Landesgesetz, dem Kammergesetz für Heilberufe (HKG), keine Ermächtigung für die Landesärztekammer enthalten war, konkrete finanzielle Verpflichtungen für liquidationsberechtigte Ärzte zu begründen. Im Übrigen hat das OVG Niedersachsen jedoch klargestellt, dass eine solche Regelung in den Berufsordnungen inhaltlich rechtmäßig ist, wenn dafür eine Ermächtigungsgrundlage besteht. Das OVG Niedersachsen hat in diesen Regelungen insbesondere keinen Grundrechtsverstoß gesehen, weder gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) noch gegen die Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG). Der Eingriff in die Grundrechte des Chefarztes sei nämlich durch vernünftige, auf das Gemeinwohl bedachte Erwägungen gerechtfertigt. Denn es sei im modernen Krankenhaus immer häufiger das arbeitsteilige Zusammenwirken mehrerer Ärzte bei der Behandlung des Patienten geboten. Unbeschadet der weiterhin herausgehobenen und besonderen verantwortlichen Stellung der leitenden Ärzte habe sich doch vieles an Gewicht und Beanspruchung auf die nachgeordneten Ärzte verlagert. Das frühere Bild des Chefarztes stimme mit der Struktur und den Aufgaben des modernen Krankenhauses nicht mehr überein. Deswegen diene eine erweiterte Abführungspflicht bzgl. der Liquidationserlöse letztendlich der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses, da dadurch die schutzwürdigen Interessen aller beteiligten Leistungsträger in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht würden. Das Urteil des OVG stützt insoweit grundsätzlich die Mitarbeiterbeteiligung, auch wenn es in dem konkreten Fall aus formellen Gründen die Regelung in der Berufsordnung wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage im Kammergesetz für Heilberufe für nichtig erklärt hat. Inzwischen ist in § 33 Abs. 2 Nr. 16 HKG auch eine Ermächtigung der Ärztekammer, Regelungen für die angemessene Vergütung von beschäftigten Vertretern, Assistenten und sonstigen Mitarbeitern zu treffen, enthalten. Bei allen berufsrechtlichen Regelungen ist jedoch zu beachten, dass diese - ebenso wie die etwaigen Regelungen in den Landeskrankenhausgesetzen - keinen unmittelbaren zivilrechtlichen Anspruch der ärztlichen Mitarbeiter gegen den Chefarzt begründen. Denn das Berufsrecht bindet den liquidationsberechtigten Arzt nur gegenüber der jeweiligen Ärztekammer. Der ärztliche Mitarbeiter hat insoweit rechtlich nur die Möglichkeit einer Anzeige an die Ärztekammer, die dann gegebenfalls berufsrechtliche Maßnahmen ergreifen kann.

Steht dem Chefarzt nach seinem Chefarztdienstvertrag kein eigenes Liquidationsrecht, sondern lediglich eine Beteiligungsvergütung zu, so laufen die Verpflichtungen zur Mitarbeiterbeteiligung nach Standesrecht und aufgrund gesetzlicher Bestimmungen in den Landeskrankenhausgesetzen ins Leere.

Ein unmittelbarer Anspruch der ärztlichen Mitarbeiter kann sich zudem nur aus vertraglichen Vereinbarungen ergeben. Die eigenen Arbeitsverträge der ärztlichen Mitarbeiter enthalten in der Praxis üblicherweise keine Regelungen über die Beteiligung an den Liquidationseinnahmen des Chefarztes. Vertragliche Ansprüche können sich deshalb nur entweder aus dem Chefarztdienstvertrag, wenn dieser insoweit als Vertrag zu Gunsten der ärztlichen Mitarbeiter ausgestaltet ist, oder aus einer individuellen Beteiligungsvereinbarung, die im Regelfall zwischen dem Chefarzt und den ärztlichen Mitarbeitern abgeschlossen wird, ergeben. Die Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung unterliegen dabei grundsätzlich der Vertragsfreiheit der Parteien, die aber durch entsprechende Regelungen in den Landeskrankenhausgesetzen oder auch in der Berufsordnung der zuständigen Landesärztekammer zumindest faktisch eingeschränkt sein kann.

Rechtsanwälte Wigge Kleinke Frehse

Rechtsanwalt Sören Kleinke

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