Hebamme 2005; 18(2): 68
DOI: 10.1055/s-2005-872272
Editorial

Hebammenforschung vor 10 Jahren und heute

Mechthild M. Groß
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. Juli 2005 (online)

Der 15. Forschungsworkshop der Hebammen fand vom 15.-16.10.2004 in Fulda statt. Die ganze Vielfalt der Studien, die dort vorgestellt wurden, können Sie in diesem Heft nachlesen.

In seiner bisherigen Geschichte hatte der Forschungsworkshop nur ein einziges Mal ein Motto gehabt. Dies war vor 10 Jahren. Damals war er überschrieben mit »Praxis im Wandel« ([3]). Niemals zuvor und auch danach waren so viele Hebammen und Hebammenschülerinnen gekommen. Das vor 10 Jahren gewählte Motto des Wandels ist eine willkommene Möglichkeit, auf den sich derzeit ändernden Begriff der Hebammenforschung hinzuweisen.

Im deutschsprachigen Raum begann nach dem internationalen ICM-Researchworkshop 1989 ein großes Interesse an evidenzbasierter Praxis. Dieses Interesse wurde so konkret, dass 1994 Prof. Keirse aus erster Hand in evidenzbasierte Praxis einführte ([4]). Nicht zuletzt durch diese Impulse wurde Susanne Kluge zur Übersetzung der zweiten Ausgabe des Handbuchs zur »Effektiven Betreuung während Schwangerschaft und Geburt« stimuliert ([1]).

Seit der Veröffentlichung der Beckenendlagenstudie hat eine gewisse Ernüchterung eingesetzt, da die Sectio-Kontrollgruppe zur Begünstigung von geplanten Sectiones und geringeren vaginalen Geburten beigetragen hat ([5], [6]). Im deutschsprachigen Raum führte dies dazu, dass geburtshilflich Tätige und Forschende unabhängig von der Profession zusammengerückt sind. Beispielsweise ist von den Professoren Gerhard und Feige jüngst ein Lehrbuch mit dem Titel »Geburtshilfe integrativ« erschienen ([2]). Darin haben nicht nur Fachärzte/Innen, sondern auch zahlreiche Hebammen ein Kapitel verfasst. Auch in zahlreichen anderen Aktivitäten ist es zwischen Hebammen- und Ärzteschaft zu einem durchaus stützenden Austausch gekommen, getragen von dem Anliegen, geburtshilflich im bestmöglichen Sinne tätig zu sein.

Ein weiteres Beispiel für diese Entwicklung ist die derzeit in Niedersachsen laufende ProGeb-Studie. Seit April 2005 nehmen 61 Kliniken, 12 Geburtshäuser und 30 Hausgeburtshebammen an der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Studie zur »Prozessorientierten Betreuung von Gebärenden« teil ([7]). Vor diesem Hintergrund wird mit Hebammenforschung etwas bezeichnet, was der Geburtshilfe ganz allgemein zu Gute kommt. Dies ist nur möglich, weil geburtshilflich Tätige unterschiedlicher Profession sich einem gemeinsamen geburtshilflichen Anliegen verpflichtet wissen.

Der nächste Workshop zur Hebammenforschung findet am 28. und 29. Oktober 2005 in Fulda statt.

Sie sind alle herzlich dazu eingeladen!

Dr. Mechthild M. Groß

Literatur

  • 1 Enkin M, Keirse M JNC, Renfrew M, Neilson J. Effektive Betreuung während Schwangerschaft und Geburt. Ullstein Medical Dt. Ausg. Hrsg. von MM. Groß und JW. Dudenhausen 1998 Wiesbaden;
  • 2 Gerhard I, Feige A. Geburtshilfe integrativ. Elsevier Urban & Fischer 2005 München;
  • 3 . HGH-Schriftenreihe Nr. 4 Praxis im Wandel 5. Workshop zur Hebammenforschung im deutschsprachigen Raum 10.-12.5.1994 Elwin Staude Verlag Hannover; 1994
  • 4 Keirse M JNC. Zusammenfassung von Ergebnissen aus kontrollierten klinischen Studien. In: HGH-Schriftenreihe Nr. 4 Praxis im Wandel. 5. Workshop zur Hebammenforschung im deutschsprachigen Raum 10.-12.5.1994 Elwin Staude Verlag 1994 Hannover; S. 11-26
  • 5 Kotaska A. Inappropriate use of randomised trials to evaluate complex phenomena: case study of vaginal breech delivery.  BMJ. Erratum in: BMJ Dec 11; 329(7479): 1385  2004;  329 (7473) 1039-1042
  • 6 Krause M. Geplante Sectio am Termin: Kein Vorteil gegenüber der vaginalen Geburt.  Die Hebamme. 2005;  18 69-72
  • 7 Rätz S. Hebammenforschungsprojekt der Medizinischen Hochschule. Prozessorientierte Betreuung von Gebärenden (ProGeb-Studie) Hebammenforum 5/2005 Hannover; 2005