Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(34/35): 1968
DOI: 10.1055/s-2005-872612
Pro & Contra
Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Therapie der perianalen Fisteln bei Morbus Crohn: Möglichst konservativ behandeln

Management of perianal fistulizing Crohn’s disease: a conservative approachA. U. Dignass1
  • 1Medizinische Klinik m. S. Hepatologie, Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Charité - Universitätsmedizin Berlin - Campus Virchow
Further Information

Publication History

eingereicht: 21.2.2005

akzeptiert: 2.3.2005

Publication Date:
25 August 2005 (online)

Die Behandlung perianaler Fisteln bei Morbus Crohn bedarf einer engen Kooperation zwischen Gastroenterologen und Chirurgen. Eine kombinierte medikamentös-chirurgische Therapie bietet in der Regel die optimale Behandlung, da die alleinige chirurgische Therapie von komplexen perianalen Fisteln überwiegend palliativ und nur selten kurativ ist und eine erhebliche Morbidität und Komplikationen verursachen kann. Aber auch die alleinige medikamentöse Therapie besitzt aufgrund von Rezidivneigung und hohen Therapiekosten Nachteile. Das Therapiekonzept sollte individuell entsprechend der entzündlichen Aktivität des Morbus Crohn, der Fistellokalisation, der Fistelausbreitung und bereits bestehender Komplikationen durch die Grunderkrankung oder die vorherige Therapie festgelegt werden. Nach Ausschluss einer perianalen Abszedierung sollte bis auf wenige Ausnahmen ein primärer medikamentöser Therapieversuch initiiert werden, da außer bei primärer perianaler Abszedierung und einfachen singulären Fisteln eine primär chirurgische Therapie wenig sinnvoll erscheint.

Auch einfache unkomplizierte Fisteln können primär medikamentös mit Antibiotika therapiert werden. Die Ansprechraten liegen zwar nur bei 50 - 70 % und nur bei lediglich 25 % kann auch eine länger anhaltende Fistelheilung beobachtet werden, bei diesen 25 % kann aber eine Operation häufig vermieden werden [1-3]. Die zur Therapie des perianalen Fistelleidens eingesetzten Antibiotika Metronidazol oder Ciprofloxazin sind in der Regel mit nur geringen Nebenwirkungen belastet, so dass ein Therapieversuch gerechtfertigt erscheint und erst bei Versagen dieser Therapie ein chirurgisches Vorgehen überlegt werden sollte.

Bei Patienten mit komplexen Fistelsystemen ist eine definitive chirurgische Therapie in der Regel nur selten durchführbar. Insbesondere bei einer erhöhten entzündlichen Aktivität im Kolon und Rektum sollte vor einer chirurgischen Therapie eine medikamentöse Therapie des Morbus Crohn erfolgen, da bei aktiver rektaler Entzündung eine deutliche Verschlechterung der lokalen Wundheilung besteht.

Bei hohen transsphinktären, suprasphinktären oder extrasphinktären Fisteln sowie bei komplexen Fisteln besteht aufgrund des hohen Risikos einer postoperativen Inkontinenz eine relative Kontraindikation für eine Fistelexzision. Da bei diesen Fisteln auch durch eine Antibiotikatherapie in der Regel nur eine vorübergehende Besserung erzielt werden kann, sollte nach eventueller Einlage einer Fadendrainage frühzeitig an eine Therapie mit den Immunmodulatoren Azathioprin oder 6-Mercaptopurin gedacht werden [1-4]. Bei Therapieversagen bzw. sehr ausgeprägten Fistelsystemen bietet der TNF-α-Inhibitor Infliximab eine Alternative. Bei Versagen der medikamentöse Therapie und unzureichender chirurgischer Therapieoption kann im Einzelfall ein Therapieversuch mit Cyclosporin oder Tacrolimus erwogen werden. Kommt es zu einem Fistelverschluss, kann eine Erhaltungstherapie mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin und in individuellen Fällen auch mit Infliximab versucht werden. Bei individuellen Patienten sollte in enger Kooperation mit dem Chirurgen auch ein sekundärer chirurgischer Eingriff diskutiert werden, um dann eine dauerhafte medikamentöse Therapie beenden zu können. Versagen die zuvor dargestellten Therapieverfahren, muss eine Proktektomie mit dem Patienten diskutiert werden.

Fazit: Komplexe perianale Fisteln sind nur selten definitiv chirurgisch therapierbar und die notwendigen chirurgischen Maßnahmen sind mit einer erheblichen Morbidität und mitunter irreversiblen Funktionsstörungen wie Inkontinenz oder Anus-praeter-Anlage verbunden. Daher sollte immer ein primär medikamentöser Therapieversuch, ggfs. kombiniert mit einer minimal invasiven chirurgischen Intervention erfolgen, bevor definitive chirurgische Eingriffe wie ausgedehnte Fistelexzisionen, Ileostomaanlage oder Proktektomie geplant werden.

Literatur

  • 1 Schwartz D A, Pemberton J H, Sandborn W J. Diagnosis and treatment of perianal fistulas in Crohn disease.  Ann Intern Med. 2001;  135 906-918
  • 2 American Gastroenterological Association medical position statement . Perianal Crohn’s disease.  Gastroenterology. 2003;  125 1503-1507
  • 3 Sandborn W J, Fazio V W, Feagan B G, Hanauer S B. AGA technical review on perianal Crohn’s disease.  Gastroenterology. 2003;  125 1508-1530
  • 4 Schwartz D A, Herdman C R. Review article: The medical treatment of Crohn’s perianal fistulas.  Aliment Pharmacol Ther. 2004;  19 953-967

Prof. Dr. Axel U. Dignass

Medizinische Klinik m. S. Hepatologie, Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Charité - Universitätsmedizin Berlin - Campus Virchow

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

Phone: 030/450553022

Fax: 030/450553929

Email: axel.dignass@charite.de