RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2005-915558
Feinstaub - eine gesundheitspolitische Herausforderung
Extremely Fine Dust - A Challenge in Health Care PolicyPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
14. Oktober 2005 (online)

Zusammenfassung
Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Feinstaub (Partikel - PM10) schwere Gesundheitsschäden und ein Ansteigen der Sterblichkeitsrate infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs verursacht. Nach Untersuchungen der Weltgesundheitsbehörde (WHO) wurde im Jahr 2000 durch Partikel die durchschnittliche Lebenszeit aller Europäer (EU25) im Mittel um 8,6 Monate und in Deutschland sogar um 10,2 Monate verkürzt. Die WHO, die EU-Kommission sowie der National Research Council und die US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA stellen die Wirkung von Partikeln auf die menschliche Gesundheit als eines der gegenwärtig vorrangigen umwelthygienischen Schwerpunktthemen heraus.
In der 22. BImSchV sind Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (PM10) insbesondere zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegt, die ab dem 1.1.2005 eingehalten werden müssen. Im Vergleich mit diesen Werten ist die aktuelle Belastung der Umgebungsluft mit PM10 in Deutschland deutlich zu hoch. Nach § 45 Abs. 1 BImSchG müssen die zuständigen Behörden die zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
Zu den zu ergreifenden Maßnahmen gehören insbesondere Luftreinhalte- und Aktionspläne. Auch der Verkehr muss entsprechend seinem Verursacheranteil in den Maßnahmenkatalog einbezogen werden. In vielen betroffenen Regionen enthält der Luftreinhalteplan bzw. der Aktionsplan aufgrund der dominierenden Rolle der Verkehrsemissionen in den Gebieten mit Grenzwertüberschreitung schwerpunktmäßig verkehrslenkende Maßnahmen [1]. Verkehrsbeschränkungen, wie die Sperrung von einzelnen Straßen für den gesamten Kfz-Verkehr oder Teilmengen (nicht schadstoffarme Autos, Autos ohne Partikelfilter oder LKW ohne Partikelfilter) kommen insbesondere in den Fällen infrage, in denen verkehrsplanerische Maßnahmen allein nicht zielführend sind. Solche Maßnahmen sind durch die zuständigen Straßenverkehrsbehörden umzusetzen. Sie sind in diesen Fällen zulässig und geboten.
Diesel-Pkw und -Lkw müssen umfassend und so schnell wie möglich mit Partikelfiltern ausgerüstet werden. Neue Diesel-Fahrzeuge sollten nicht ohne einen geeigneten Partikelfilter gekauft werden. Im Bereich der Industrieanlagen und Kraftwerke wird durch eine Verschärfung der TA Luft und der Großfeuerungsanlagenverordnung (13. BImSchV) eine deutliche Reduzierung von Feinstaub und den Vorläufersubstanzen erreicht werden.
Durch die Gesetzgebung werden z. B. im Falle von PM10 vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2020 in der EU u. a. folgende gesundheitliche Positiveffekte erreicht:
Reduzierung des Lebenszeitverlustes (Sterblichkeit - Langzeiteinwirkung) durch PM10-Belastung um 1,1 Mio. Jahre (von ca. 3 Mio. Jahren), Reduzierung der Kindersterblichkeit von 600 auf 300 Fälle, Reduzierung der chronischen Bronchitis von 136 000 auf 98 000 Fälle und Reduzierung der Krankenhauseinweisungen wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen von 32 000 auf 20 000 Fälle.
Insgesamt werden danach die Krankheitseffekte durch Feinstaub um rund ein Drittel bis zur Hälfte gesenkt. Für Deutschland ergeben sich ungefähr gleiche proportionale Verhältnisse. Diese Positiveffekte können nur erreicht werden, wenn die bestehenden gesetzlichen Vorgaben auch eingehalten werden.
Literatur
- 1 Bezirksregierung Düsseldorf .Luftreinhalteplan Düsseldorf; enthält ausschließlich verkehrslenkende Maßnahmen. 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 2 Arbeitsgruppe „Wirkungen von Feinstaub auf die menschliche Gesundheit” der Kommission
Reinhaltung der Luft im VDI und DIN. Im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt
Naturschutz und Reaktorsicherheit. .Bewertung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes zur gesundheitlichen Wirkung
von Partikeln in der Luft. Juli 2003
Reference Ris Wihthout Link
- 3 Wichmann E. Abschätzung positiver Auswirkungen durch den Einsatz von Partikelfiltern in Dieselfahrzeugen.
Studie im Auftrag des Umweltbundesamt. Juni 2003
Reference Ris Wihthout Link
- 4 Wichmann H-E. Expertengespräch im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 65. Sitzung:
im englischsprachigen Raum werde PM2,5 als Feinstaub und PM10 als Grobstaub bezeichnet. 11. Mai 2005
Reference Ris Wihthout Link
- 5 Englert N. Wirkungen von Feinstaub auf die menschliche Gesundheit - Welche Partikel-Eigenschaften
korrelieren mit der Wirkung?. In: Neuere Entwicklungen bei der Messung und Beurteilung der Luftqualität. VDI-Berichte
1656 Düsseldorf: VDI-Verlag 2002: 91-100
Reference Ris Wihthout Link
- 6 UBA Jahresbericht 2001, aus dem Messnetz des Umweltbundesamtes, Texte 69/02. 77-84 111-113 169-173
Reference Ris Wihthout Link
- 7 Umweltbundesamt, UBA. Hintergrundpapier zum Thema Staub/Feinstaub (PM). 2005
Reference Ris Wihthout Link
- 8 Daten Umweltbundesamt. 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 9 CAFE Working Group an Particulate Matter .Second Position Paper on Particulate Matter. CAFE-Report 2003
Reference Ris Wihthout Link
- 10 Lahl U, Steven W. Reduzierung von Partikelimmissionen - eine gesundheitspolitische Schwerpunktaufgabe,
Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft, Nr. 7/8 und Nr. 9. 2004 http://www.bmu.de/luftreinhaltung/doc/6513.php.
Reference Ris Wihthout Link
- 11 Nationales Programm der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 6 der Richtlinie 2001/81/EG
vom März 2003 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. http://www.bmu.de/luftreinhaltung/sommersmog/nationales_programm/doc/6884.php.
Reference Ris Wihthout Link
- 12 Österreichisches Umweltbundesamt .„Schwebestaub in Österreich - Fachgrundlagen für eine kohärente österreichische Strategie
zur Verminderung der Schwebestaubbelastung”. Wien; 2005 http://www.umweltbundesamt.at/publikationen/publikationssuche/publikationsdetail/?&pub_id
= 1558.
Reference Ris Wihthout Link
- 13 Lahl U, Steven W. Verkehrslenkung und -beschränkung, Internationales Verkehrswesen, Nr. 4, 2005. http://www.bmu.de/verkehr/downloads/doc/35 364.php.
Reference Ris Wihthout Link
- 14 IUTA-Workshop .„PMx-Quellenidentifizierung - Ergebnisse als Grundlage für Maßnahmenpläne”, Bericht
zum Workshop am 22./23.01.2004. Berlin: Umweltbundesamt Berlin (Hrsg.) 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 15 Luftreinhalteplan für die Stadt München. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. September 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 16 Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main. Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz. 2005
Reference Ris Wihthout Link
- 17 Lutz M (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin). Luftreinhalteplanung in Berlin - Konzepte und erste Ergebnisse. Vortrag zum Workshop
Analyse der Luftreinhaltesituation mit Blick auf die EU-Rahmenrichtlinien unter besonderer
Berücksichtigung der modellgestützten Ursachenanalyse in Berlin. November 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 18 Hartmann U, Geiger J. Repräsentative Beurteilung der Luftqualität in Wohngebieten und an Belastungsschwerpunkten
- ein Lösungsansatz. Bonn: KRdL-Expertenforum Partikel und Stickstoff 2005
Reference Ris Wihthout Link
- 19 Daten des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz
und des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie. 2005
Reference Ris Wihthout Link
- 20 Health effects institute .Diesel Exhaust: A Critical Analysis of Emissions, Exposure, and Health Effects. Cambridge, MA 02 139: Health Effects Institute 1995
Reference Ris Wihthout Link
- 21 Pott F, Heinrich U. Dieselmotorabgas und Lungenkrebs - Tierexperimentelle Daten und ihre Bewertung im
Hinblick auf die Gefährdung des Menschen. In: Umwelthygiene, Bd. 19, Medizinisches Institut für Umwelthygiene, Jahresbericht
1986/87, Hrsg. V. d. Ges. z. Förderung der Lufthygiene und Silikoseforschung e. V.,
Düsseldorf, Stefan W. Albers. 1987
Reference Ris Wihthout Link
- 22 Heinrich U. Krebsrisiken durch Benzol und Dieselruß. Vortrag auf dem Informationstag „Gesundheitliche Risiken durch den Kfz-Verkehr” am
25. Juni 1994 beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg
Reference Ris Wihthout Link
- 23 Heinrich U. Gesundheitliche Wirkung der Dieselabgasemission: Stand der Forschung. VDI Berichte Nr. 885 1991
Reference Ris Wihthout Link
- 24 Air Quality Criteria for Particulate Matter (October 2004) Volume I und Volume II. Washington: EPA 2004 http://cfpub.epa.gov/ncea/cfm/recordisplay.cfm?deid = 87 903
Reference Ris Wihthout Link
- 25 Voshaar T. et al .Partikuläre Luftverunreinigung und ihre Folgen für die menschliche Gesundheit; Stellungnahme
der deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) zur aktuellen Feinstaub-Diskussion. Zeitschrift für Pneumologie 2005 im Druck
Reference Ris Wihthout Link
- 26 WHO 2004: Meta-analysis of time-series studies and panel studies of Particulate Matter
(PM) and Ozone (O3), WHO 2004 (E82792); siehe auch: Health aspects of air pollution:
Results from the WHO project “Systematic review of health aspects of air pollution
in Europe”, WHO 2004 (E83080).
Reference Ris Wihthout Link
- 27 World Health Organization .Meta-analysis of time-series studies and panel studies of particulate matter (PM)
and ozone (O3). (document EUR/04/5 042 688) (http://www.euro.who.int/document/E82792.pdf. Copenhagen, WHO Regional Office for Europe 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 28 Weitere Beispiele siehe [2].
Reference Ris Wihthout Link
- 29 Avol E L, Gauderman W J, Tan S M. et al . Respiratory effects of relocating to areas of differing air pollution levels. Am J Respir Crit Care Med. 2001; 164 2067-2072
- 30 Health Assessment Document for Diesel Engine Exhaust. Washington D.C.: US-EPA 2002 http://cfpub.epa.gov/ncea/cfm/recordisplay.cfm?deid = 29 060
Reference Ris Wihthout Link
- 31 Chen M, Mikecz A von. Formation of nucleoplasmic protein aggregates impairs nuclear function in response
to SiO2 nanoparticles, Experimental Cell Research 305. 2005
Reference Ris Wihthout Link
- 32 Seaton A, MacNee W, Donaldson K. et al . Particulate air pollution and acute health effects. Lancet. 1995; 345 176-178
- 33 Peters A, Döring A, Wichmann H E. et al . Increased plasma viscosity during an air pollution episode: a link to mortality?. Lancet. 1997; 349 1582-1587
- 34 Peters A, Perz S, Döring A. et al . Increased Heart Rate During an Air Pollution Episode. Am J Epidemiol. 1999; 150 1094-1098
- 35 Godleski J J, Lovett E G, Reinisch U. et al .Assessment of Ambient Particle Toxicity in Canines (abstract). Boston, Massachusetts: The Fourteenth Health Effects Institute Annual Conference 1998
Reference Ris Wihthout Link
- 36 Shy C, Creason J, Williams R. et al .Physiological Responses of Elderly Persons to Particulate Air Pollution (abstract). Boston, Massachusetts: The Fourteenth Health Effects Institute Annual Conference 1998
Reference Ris Wihthout Link
- 37 Mensch und Umwelt. GSF-Forschungszentrum; http://www.gsf.de/Aktuelles/mensch+umwelt/index.phtml. März 2004 Heft 1: 2-3
Reference Ris Wihthout Link
- 38 Eikmann T, Seitz H, Herr C. Feinstaub ein Menetekel für Umweltpolitiker und Umweltverwaltung?. Umweltmed Forsch Prax 2005 10 (3)
Reference Ris Wihthout Link
- 39 Pye S, Watkiss P. CAFE 2005: CAFE CBA: Baseline Analysis 2000 to 2020. AEAT/ED51014/Baseline Issue 2.
Reference Ris Wihthout Link
- 40 Richtlinie 2001/81 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001
über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe.
Reference Ris Wihthout Link
- 41 Luftqualitätsrahmenrichtlinie (1996/62/EG) nebst dreier Tochterrichtlinien (1999/30/EG;
2000/69/ EG; 2002/3/EG).
Reference Ris Wihthout Link
- 42 Krzyzanowski M (WHO). Latest health evidence: the impetus for further air quality improvement, Vortrag auf
der Konferenz” Managing Air Quality”. London; 25. - 26. August 2004
Reference Ris Wihthout Link
- 43 Die in der 1. Tochterrichtlinie enthaltenen Werte für das Jahr 2010 sind Richtgrenzwerte,
die noch einer weiteren Überprüfung unterzogen werden müssen.
Reference Ris Wihthout Link
- 44 Diese Grenzwerte werden im Lichte der Erkenntnis des fehlenden Schwellenwertes, der
neuen Ergebnisse zu Gesundheitsbeeinträchtigungen und der Hinweise der besonderen
Gefahren durch PM2,5 und UFP in der EU zurzeit einer Prüfung unterworfen.
Reference Ris Wihthout Link
- 45 Lahl U, Salomon N. Möglichkeiten der Emissionsminderung stationärer Anlagen zur Einhaltung der Feinstaub-Emissionsgrenzwerte,
Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft. 2005 (7/8) http://www.bmu.de/luftreinhaltung/feinstaub/doc/35830-pHp
Reference Ris Wihthout Link
- 46 Kommission der Europäischen Gemeinschaften .Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Entwicklung einer
thematischen Strategie für städtische Umwelt. Kom (2004) 60. http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/cnc/2004/com2004_0060de01.pdf.
Reference Ris Wihthout Link
RD Dr. Wilhelm Steven
Ref. IG I 3, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Postfach 120629
53175 Bonn
eMail: Wilhelm.Steven@bmu.bund.de
