Der Klinikarzt 2005; 34(8/09): XXI-XXII
DOI: 10.1055/s-2005-917948
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Antibiotische Therapie in der Zwickmühle - Breite empirische Therapie im Zeitalter der Resistenzentwicklung!

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Publikationsdatum:
05. Oktober 2005 (online)

 

Ein "Bakterienjahr" sind etwa 500000 Menschenjahre, konstatierte Prof. G.M. Rossolini, Siena (Italien). Dieses plakative Statement verdeutlicht eindrucksvoll, warum die unterschiedlichen Bakterienspezies so rapide auf den inadäquaten Einsatz von Antibiotika mit der Entwicklung resistenter Stämme reagieren können. Dabei spielt jedoch nicht nur die so oft zitierte fehlerhafte Applikation der Substanzen eine Rolle, verdeutlichte Rossolini. Allein der häufige Gebrauch von Antibiotika trage bereits zur Resistenzentwicklung bei. "Vor 30 Jahren haben wir noch zwei Antibiotika verwendet", meinte Prof. R.C. Moellering, Boston (Massachusetts, USA), "heute erhält ein Patient im Krankenhaus bis zu sechs unterschiedliche Substanzen".

Schon im innereuropäischen Vergleich unterscheidet sich die Verschreibungspraxis enorm: Anders als im Süden Europas setzen die Ärzte der nordeuropäischen Länder Antibiotika eher sparsam ein - was sich in relativ niedrigen Resistenzraten niederschlägt. Deutschland liegt dabei nicht nur geografisch in der Mitte. Doch Experten schätzen, dass auch in der Bundesrepublik beispielsweise inzwischen gut 25% der Staphylokokken eine Methicillinresistenz aufweisen.

Noch vor rund zehn Jahren beschäftigte die Experten vor allem die Sorge vor solchen resistenten grampositiven Erregern. Inzwischen stehen jedoch für solche Fälle einige relativ neue, potente Antibiotika zur Verfügung. Allerdings berichten erste Fallberichte von resistenten Stämmen auch gegen Vancomycin oder sogar Linezolid, sagte Prof. M.H. Wilcox, Leeds (UK). Es gelte nicht nur, diese Lücken wieder zu schließen, sondern vor allem auch Alternativen im gramnegativen Spektrum bereitzustellen.

Denn "sogar relativ konservative Schätzungen gehen von einem enormen Anstieg resistenter gramnegativer Bakterien in vielen Teilen der Welt aus", warnte Moellering. Betroffen sind neben den Betalaktamase produzierenden Keimen wie Klebsiella pneumoniae, Escherichia coli und Proteus mirabilis auch Organismen, die inzwischen gegen Cephalosporine der dritten und vierten Generation Resistenzen entwickelt haben (z.B. Enterobacter, Citrobacter freundii), oder mehrfachresistente Pathogene (Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumanii oder Stenotrophomonas maltophilia).

Nur ein Beispiel ist der Anstieg fluorchinolonresistenter E.-coli-Stämme in den meisten europäischen Ländern, den Wilcox anhand der Daten des European Antimicrobial Resistance Surveillance System (EARSS) dokumentierte: Allein zwischen 2001 und 2002 stieg die Prävalenz dieser Pathogene in acht europäischen Staaten - darunter auch Deutschland - um mindestens das 1,5fache.

Literatur

  • 8 Dartois N. on behalf of Tigercycline 306 Study Group.  ICAAC. 2004;  poster #L-986-
  • 9 Dartois N. Gioud-Paquet MG. Ellis-Grosse EJ. Loh E. on behalf of Tigercycline 306 Study Group.  ICAAC. 2004;  poster #L-992c
  • 10 Mallick R. Solomon S. ECCMID. 2005;  poster P1181