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DOI: 10.1055/s-2005-918175
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Neue Erkenntnisse zur Umsatzsteuerbehandlung heilkundlicher Leistungen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
02. Februar 2006 (online)
Das Finanzgericht Dessau hat mit einer Entscheidung zur Umsatzsteuerbefreiung heilkundlicher Maßnahmen bei der aktuellen Diskussion um das Umsatzsteuerrecht bei Leistungen von Mitgliedern der medizinischen Fachberufe neue Maßstäbe gesetzt. Umsatzsteuerfrei sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Physiotherapeut usw. oder aus einer anderen heilberuflichen Tätigkeit, wenn sie (nach Maßgabe der 6. EG-Richtlinie) der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen.
Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Der Behandelnde muss eine entsprechende fachliche Qualifikation aufweisen (die dem Physiotherapeuten, Masseur und medizinischen Bademeister, Ergotherapeuten, Logopäden, Sporttherapeuten, Heileurythmisten, Tomatistherapeuten, klinischen Linguisten bereits gerichtlich bestätigt wurde, aber ebenso dem Motopäden, Gymnastiklehrer, Atemtherapeuten, Chiropraktor zustehen dürfte). Es müssen heilberufliche Leistungen erbracht werden (im Vordergrund der Behandlung muss ein therapeutisches Ziel stehen).
Zur letztgenannten Alternative führt das Gericht aus, dass die dem Therapeuten obliegende Nachweispflicht heilkundlichen Handelns durch eine eigene Dokumentation einschließlich einer „Diagnosestellung” den Nachweis für eine heilberufliche Leistung liefern kann. „Die Dokumentation durch den Therapeuten ist ein wichtiges Indiz für die heilberufliche Leistung und damit die Umsatzsteuerfreiheit.”
In einer von der OFD Magdeburg getroffenen Äußerung wird das Urteil weiter kommentiert: „Eine ärztliche Verordnung oder Kostenerstattung durch die Sozialversicherungsträger ist keine zwingende Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung.” Eine ärztliche Verordnung kann jedoch ein entscheidender Anhaltspunkt für die Steuerbefreiung sein. Die Kostenübernahme durch eine gesetzliche Krankenkasse ist ebenso ein solches Indiz. „Bei Fehlen einer ärztlichen Verordnung und einer Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse kann die eigene Dokumentation einschließlich Diagnosestellung den Nachweis für eine heilkundliche Leistung liefern.”
Auch IGeL-Leistungen können mehrwertsteuerfrei erbracht werden, wenn sie den vorgenannten Voraussetzungen entsprechen.
Korrespondenzadresse
Dr. E. BoxbergJustiziar des DVGS e. V.
Müllerstraße 27
80469 München
eMail: info@dr-boxberg.de