Pneumologie 2006; 60(2): 100-110
DOI: 10.1055/s-2005-919155
Serie: Beatmungsmedizin (1)
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pathophysiologische Grundlagen der mechanischen Beatmung

Pathophysiological Basis of Mechanical VentilationD.  Köhler1 , M.  Pfeifer2 , C.  Criée3
  • 1Krankenhaus Kloster Grafschaft, Schmallenberg
  • 2Klinik Donaustauf, Universität Regensburg, Donaustauf
  • 3Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Weende, Bovenden
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Februar 2006 (online)

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Zusammenfassung

Eine Beatmung ist immer dann erforderlich, wenn die eigene Ventilation nicht mehr ausreicht. Dieses zeigt sich typischerweise in einer Hyperkapnie. Die Hypoxämie folgt hier meist nur sekundär aufgrund der Hypoventilation. Ursache ist in der Regel eine überlastete Atemmuskulatur (Atempumpe), meist durch eine akute oder chronische Erkrankung. Bei isolierter Hypoxämie ist eine Beatmung nur dann indiziert, wenn der Sauerstoffgehalt ( = Sauerstoffsättigung × Hb. × 1,39) unter eine kritische Schwelle sinkt oder infolge der fortschreitenden Grunderkrankung (z. B. Pneumonie) und zusätzlicher Überlastung die Erschöpfung der Atemmuskulatur droht. Neben dem positiven Effekt auf den Gasaustausch kann Beatmung an sich insbesondere durch zu hohe Drucke, Volumina oder Sauerstoffkonzentration zur Schädigung des Lungenparenchyms führen. Durch lungenprotektive Beatmungsstrategien lassen sich diese Schäden weitgehend vermeiden. Hierbei muss im Einzelfall geprüft werden, nach welchen Parametern beatmet werden soll. Ist der Leitparameter nicht wie üblich der Sauerstoffpartialdruck, sondern der Sauerstoffgehalt, kommt es in der Regel zu einer deutlich schonenderen Beatmung. Eine Ausnahme hiervon ist das kardial bedingte Lungenödem, da die Beatmung hier durch den Beatmungsdruck und den PEEP zur deutlichen Verbesserung der Diffusion, Senkung der Preload und eine Abnahme der Atemarbeit führt. Ein entscheidender Fortschritt in der Beatmung insbesondere von schweren Akutfällen wurde in den letzten Jahren durch Erweiterung der Beatmungszugänge, d. h. nicht-invasive Alternativen zum Beatmungstubus erreicht. Die Maskenbeatmung ist insbesondere bei exazerbierter COPD der invasiven Beatmung bezüglich des Outcome drastisch überlegen. Dies wird insbesondere durch einen Rückgang der ventilator-assoziierten Pneumonie verursacht, vermutlich weil die Patienten unter Maske noch abhusten können, was die Lungenreinigung deutlich verbessert. Eine optimale Entlastung der durch die Erkrankung überlasteten Atemmuskulatur wird durch eine kontrollierte Beatmung ermöglicht. Der kontrollierte Beatmungsmodus lässt sich aber im Akutfall in der Regel nur mit Sedation erreichen. Eine assistierte Beatmung bessert zwar den Gasaustausch, führt jedoch nur zu einer mäßigen Entlastung der Atemmuskulatur, was ihre Rekompensation verzögert. Eine dauerhafte kontrollierte Beatmung unter Sedation über einen längeren Zeitraum (Tage) benötigt zwischengeschaltete kurze Phasen mit assistierter- oder Spontanatmung, um eine Atrophie der Atemmuskulatur zu verhindern. In der Übersicht werden die Hintergründe zwischen Sauerstoffangebot und -verbrauch insbesondere unter Berücksichtigung der Atempumpeninsuffizienz und ihrer Beeinflussbarkeit durch verschiedene Beatmungsverfahren dargestellt.

Abstract

Mechanical ventilation is required if ventilatory insufficiency is present. This is typically indicated by hypercapnea. Hypoxemia occurs secondary to hypoventilation. Usually overload of the respiratory muscles (ventilatory pump) will be the underlying mechanism, for the most part caused by acute or chronic disease. In case of sole hypoxemia mechanical ventilation will only be indicated if the oxygen-content (equals oxygensaturation × haemoglobin × 1.39) drops below a critical threshold or if ventilatory pump failure is immanent on account of the underlying disease (eg. pneumonia). The background of our recommendations is to avoid potential damage caused by mechanical ventilation. Especially high inspiratory pressures and oxygen concentrations can be harmful to the lung. Therefore every case has to evaluated for individual target parameters of ventilation. The use of the oxygen-content instead of the arterial oxygen pressure as the target parameter will usually lead to a more careful ventilation. Cardiogenic pulmonary oedema is an exception to this rule since inspiratory positive pressure and PEEP will result in improved diffusion as well as reduction of preload and work of breathing. In recent years progress has been made on the field of ventilation access especially in severe and acute cases. Non-invasive ventilation is superior to invasive ventilation in patients with exacerbated COPD since it improves outcome effectively. This is being caused by a decline in ventilator associated pneumonias, most likely because non-invasive ventilation allows patients to clear their secretions by coughing, resulting in improved lung clearance. Controlled ventilation allows optimal unloading of the respiratory muscles which have been overloaded by the underlying disease. Application of a controlled ventilation mode in acute disease will usually require some kind of sedation. Assisted ventilation will result in improved gas exchange but only incomplete unloading of respiratory muscles and therefore delayed restitution. Permanent controlled ventilation under sedation for a prolonged period (days) requires intermittent periods of assisted- or spontaneous breathing in order to avoid atrophy of the respiratory muscles. This review summarizes background information on the nature of the derangement, the relation between oxygen supply and consumption under special consideration of respiratory muscle insufficiency and impact of different ventilation modes.

Literatur

Prof. Dr. med. Dieter Köhler

Ärztlicher Direktor · Krankenhaus Kloster Grafschaft

Annostr. 1

57292 Schmallenberg

eMail: d.koehler@fkkg.de