Aktuelle Neurologie 2005; 32 - M250
DOI: 10.1055/s-2005-919287

Einfluss der Demenz auf die verbale und nonverbale Schmerzkommunikation

M Kunz 1, V Mylius 1, S Scharmann 1, U Hemmeter 1, K Schepelmann 1, S Lautenbacher 1
  • 1Marburg

Fragestellung: Es ist bekannt, dass die Fähigkeit zur verbalen Schmerzkommunikation bei Demenzpatienten im Verlauf der Erkrankung deutlich abnimmt. Aus diesem Grund ist es notwendig nach Alternativen in der klinischen Schmerzmessung zu suchen, welche eine valide Erfassung des Schmerzerlebens bei Demenzpatienten gewährleisten können. Das Ziel der vorliegenden Studie lag darin, zu untersuchen inwieweit die mimische Schmerzreaktion als nonverbaler Kommunikationskanal des Schmerzerlebens bei Demenzpatienten geeignet ist.

Methoden: Bislang wurde an 23 Demenzpatienten und 60 altersgematchten gesunde Kontrollpersonen verbale und mimische Schmerzreaktionen auf mechanische und elektrische Schmerzreize erhoben. Die mimische Schmerzreaktion wurde mittels Facial Action Coding System (FACS) erfasst. Die Erhebung des verbalen Schmerzberichtes erfolgte an Hand einer 6-stufigen Kategorialskala

Ergebnisse: Es ergaben sich keine signifikante Gruppenunterschiede bezüglich der verbalen Schmerzbewertung der Reize (siehe Tabelle). Jedoch interferierte die Demenz deutlich mit der Fähigkeit zum verbalen Schmerzbericht (nur 55% der Demenzpatienten waren in der Lage alle Schmerzreize verbal zu bewerten). Die mimische Schmerzreaktion hingegen zeigte sich bei den Demenzpatienten signifikant erhöht (siehe Tabelle). Hierbei zeigte sich jedoch nicht nur ein Anstieg schmerzspezifischer Mimikreaktionen, sondern ebenso ein allgemeiner Anstieg der mimischen Aktivität. Ungeachtet dessen überwogen auch bei den Demenzpatienten die schmerzspezifischen Mimikreaktionen.

Schlussfolgerungen: Die Demenz beeinflusst sowohl die verbale wie auch die nonverbale Schmerzkommunikation und erschwert die valide Erfassung des Schmerzerlebens. Die Mimikreation bei den Demenzpatienten zeigte sich zwar durch unspezifische Aktivität überlagert, enthielt aber dennoch deutliche schmerzspezifische Anteile und scheint folglich auch bei schwer dementen Patienten mit fehlender verbaler Schmerzkommunikation als nonverbaler Kommunikationskanal des Schmerzerlebens geeignet zu sein. Des weiteren weist die erhöhte mimische Schmerzreaktion der Demenzpatienten auf eine erhöhte Schmerzsensibilität bei dieser Patientengruppe hin.